WAS SOLL DER GANZE STRESS?



Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich fast genau ein Jahr Zeit genommen, die Banken auf Herz und Nieren zu prüfen, die sie künftig direkt beaufsichtigen soll. Damit soll die Widerstandsfähigkeit der Geldhäuser in einer Krise getestet werden. Dem eigentlichen Stresstest vorgeschaltet war erstmals eine eingehende Prüfung der Bilanzen. Jede Bank musste im Schnitt 300.000 Daten über Kredite, Wertpapiere und Portfolien liefern, insgesamt 40 Millionen. Die Prüfung soll verloren gegangenes Vertrauen der Märkte in die Banken wiederherstellen und dafür sorgen, dass die Institute keine versteckten Altlasten in den Büchern haben, wenn die EZB am 4. November als Oberaufsicht über die Branche in der Euro-Zone übernimmt. EZB-Präsident Mario Draghi hofft, dass gesunde Banken dann wieder ausreichend Kredite vergeben können, um die Wirtschaft in Fahrt zu halten.



WER WAR BEIM STRESSTEST DABEI?



Die EZB hat die 130 größten und wichtigsten Banken aus den 18 Euro-Ländern und dem Beitrittskandidaten Litauen ermittelt. Darunter sind 24 aus Deutschland, von denen 21 ab November von der EZB direkt beaufsichtigt werden. Damit deckt der Stresstest 82 Prozent der Bilanzsumme in der Euro-Zone ab. Die EU-Bankenaufsicht EBA testet parallel dazu die größten Banken aus den Nicht-Euro-Ländern.



WAS PASSIERT, WENN EINE BANK DURCHFÄLLT?



Institute, die zu wenig Kapital aufweisen und die Prüfung deshalb nicht bestehen, haben von Montag an zwei Wochen Zeit, einen Plan auszuarbeiten, wie sie die Lücke schließen wollen. Dazu haben sie dann sechs Monate Zeit, wenn das Loch bei der Bilanzprüfung entdeckt worden ist oder der Bank auch ohne eine Bankenkrise in den nächsten drei Jahren ein solches Loch droht. Entstünde das Loch nur in einer Krisensituation, muss es erst in neun Monaten geschlossen sein. Um es zu schließen, können die Banken frisches Eigenkapital aufnehmen oder die Risiken in der Bilanz verkleinern, etwa indem sie faule Kredite verkaufen. Für Risiken, die es nicht mehr gibt, muss die Bank auch kein Kapital als Sicherheit hinterlegen.



MÜSSEN VIELE BANKEN IHRE BILANZEN ÄNDERN?



Das kommt darauf an. Die von der EZB ermittelten Zahlen weichen in vielen Fällen von den veröffentlichten Bilanzen ab. Entdecken die Prüfer Fehler oder drastische Fehleinschätzungen, die den Bilanzierungsregeln widersprechen, müssen die Banken ihre Bilanzen anpassen. Um gleiche Voraussetzungen für alle Geldhäuser in Europa zu schaffen und die Prüfung zu vereinfachen, hat die EZB aber auch zahlreiche Annahmen getroffen, die den internationalen oder nationalen Bilanzierungsvorschriften widersprechen. So hat sie Schiffskredite aus Vorsichtsgründen pauschal abgewertet. In diesem Fall müssen sich Prüfer, EZB und Banker nach dem Test zusammensetzen, um eine Lösung zu finden.

Reuters