Um Silber ist es in den vergangenen Wochen und Monaten relativ ruhig geworden. Zumindest was fundamentale Aspekte betrifft. Für Trader jedoch hatte die Preisentwicklung des Edelmetalls einiges zu bieten. Mit der richtigen Taktik und einem guten Timing wären Gewinne möglich gewesen - und das obwohl sich der Preis für die Unze schon seit Monaten lediglich in einem Seitwärtskorridor bewegt. Doch genau hierin lag beziehungsweise liegt auch weiterhin die Chance. Im Fokus stehen dabei zwei wichtige Chartmarken. Zum einen befindet sich aktuell knapp unterhalb von 16 US-Dollar eine robuste Unterstützungszone, sie begrenzt den Korridor nach unten. Zum anderen verläuft derzeit bei rund 18,50 US-Dollar eine hartnäckige Widerstandslinie, sie stellt den oberen Rand der Range dar.
Korridor-Trading auf Silber
Schon seit vergangenen Oktober pendelt der Silberpreis zwischen diesen beiden Randzonen des Korridors hin und her. Alle Ausbruchversuche, sowohl nach oben also auch nach unten, sind bislang gescheitert. Für Trader ergibt sich aus diesem Wechselspiel eine reizvolle Handelsstrategie, die auch als Swing-Trading bekannt ist. Nähert sich Silber dem unteren Korridorbereich bei 16 US-Dollar an, kann mit einem Long-Trade darauf spekuliert werden, dass der Preis dort abprallt und wieder nach oben tendiert. Erreicht Silber schließlich wieder den oberen Begrenzungsbereich bei 18,50 US-Dollar, wird mit einem Positionswechsel von Long in Short darauf gesetzt, dass der Preis wieder zurückfällt. Am unteren Rand angekommen, wird neuerlich in Long "geswitcht".
Attraktive Gewinne möglich
Seit Jahresanfang hätten Anleger mit dieser Taktik beträchtliche Gewinne erzielen können, wie die folgende Simulation zeigt. Der Einstieg erfolgte Anfang Januar 2017 über einen Mini-Future Long mit einer Knock-out-Barriere bei 15,50 US-Dollar. Silber war damals gerade vom unteren Korridorrand abgeprallt. Mitte April 2017 testete das Edelmetall die obere Range. Die Long-Position wurde glattgestellt und das frei gewordene Kapital in einen Put-Optionsschein investiert und so lange gehalten, bis der Preis wieder am unteren Korridorbereich "anklopft". Dies war in der zweiten Maiwoche der Fall. Nun konnte wieder in den Mini-Future Long umgeschichtet werden. Wer dieser Strategie folgte, hätte seinen Einsatz im Idealfall nahezu verzehnfachen können (siehe Tabelle).
Wahl des richtigen Hebelprodukts
Natürlich ist das obige Beispiel stark vereinfacht. Außerdem setzt es ein nahezu perfektes Timing voraus, was in der Praxis nur selten gelingen dürfte. Dennoch veranschaulicht es sehr gut den Reiz des Swing- bzw. Korridor-Tradings. Dass in der Aufwärtsphase ein Mini-Future, bei der Abwärtsbewegung jedoch ein Optionsschein zum Einsatz kommt, ist kein Zufall. Denn in Erholungsphasen nehmen die Volatilität und damit auch der Zeitwert von Optionsscheinen für gewöhnlich ab. Zwar gilt diese Beobachtung primär für Aktienmärkte, ist aber temporär auch bei Edelmetallen zu sehen. Wichtig für die Optionsscheinposition ist, dass die Korrektur ruckartig erfolgt, was die Vola und damit den Zeitwert nach oben treibt. Mit einem Put-Optionsschein profitiert der Trader daher doppelt von Rücksetzern: zum einen von der negativen Basiswertentwicklung, zum anderen von einem steigenden Zeitwert.
Wohin geht bei Silber die Reise?
Das große Risiko beim Trading liegt darin, dass der Anleger, sofern die Strategie nicht aufgeht, überproportionale Verluste erleiden kann oder es gar zum Totalverlust kommt. Umso wichtiger ist es, die Trading-Strategie fortlaufend zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Auch sollte die Positionsgröße mit Bedacht gewählt werden. Bei Silber stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage: Bleibt der Preis weiterhin im Korridor oder könnte ein Ausbruch bevorstehen? Aktuell spricht einiges dafür, dass Silber in absehbarer Zeit wieder den Korridorbereich testen könnte. So besteht am Silbermarkt, laut dem Silver Institute, einer Vereinigung von Silberminen-Betreibern, ein Nachfrageüberhang, der sich durch eine konjunkturbedingte Zunahme des industriellen Bedarfs weiter ausweiten könnte.
Auch die Terminmärkte sind derzeit tendenziell optimistisch. So sind die Long-Positionen institutioneller Investoren auf Silber an den US-Terminbörsen in der Woche zum 6. Juni gegenüber der Vorwoche um rund 5.000 Futures-Kontrakte gestiegen. Und auch seitens der Gold-Silber-Ratio hätte Silber Nachholbedarf. Aktuell liegt diese Kennziffer bei knapp 75 und damit über dem historischen Schnitt von 62. Im Vergleich zu Gold wäre Silber damit leicht unterbewertet. Ob das alles reicht, damit das Metall wieder Fahrt aufnimmt, muss sich zeigen. Die Mehrheit der Analysten rechnet derzeit jedenfalls nicht mit signifikanten Preissprüngen. Erst im Herbst, so das Credo, könnte Silber nach oben ausbrechen.