Silberpreis: Der heftigste Ausverkauf seit Jahren
· Börse Online RedaktionAuch der Silberpreis wird vor allem an den Terminmärkten gemacht. Im wöchentlichen Rhythmus informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission über die dortige Gemütslage der Marktakteure. Dieser sogenannte Commitments of Traders-Report gibt dann Auskunft, welche Stimmungstendenzen an der Terminbörse Commodity Exchange (Comex) hinsichtlich Silber-Futures auf Wochensicht zu beobachten waren. Er gibt unter anderem darüber Auskunft, ob das allgemeine Interesse an Silber-Futures auf Wochensicht gestiegen oder eher gesunken ist. Dies wird durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) angezeigt, wobei einem Terminkontrakt auf Silber den Gegenwert von 5.000 Feinunzen Silber bewegt. Für Anleger ist beim Commitments of Traders-Report aber besonders interessant, welche Transaktionen unter den verschiedenen Gruppen von Marktakteuren im Berichtszeitraum zu beobachten waren. Daraus kann man sich dann ein genaueres Bild über die aktuelle Stimmung der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), der Großspekulanten (Non-Commercials) und der Kleinspekulanten (Non-Reportables) machen. Per Saldo lässt sich daraus ableiten, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
In der Woche zum 12. Dezember sind vor allem Großspekulanten (Non-Commercials) erheblich skeptischer geworden. Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten schlug sich diese in einem Einbruch von 46.400 auf 24.800 Futures (-46,4 Prozent) nieder und stellte damit die markanteste Stimmungseintrübung seit vielen Jahren dar. Verantwortlich hierfür waren aber ausschließlich große Terminspekulanten.
Sie haben nämlich ihre Long-Seite um über 7.700 Kontrakte reduziert und zugleich die Short-Seite um fast 13.800 Futures nach oben gefahren. Dadurch ist deren Netto-Long-Position innerhalb einer Woche von 31.400 auf 9.900 Kontrakte (-68,5 Prozent) regelrecht eingebrochen. Kleine Terminspekulanten blieben hingegen relativ "cool", was sich an der nahezu unveränderten Netto-Long-Position in Höhe von 14.900 Futures ablesen lässt. Nach dem jüngsten Ausverkauf der Großspekulanten sollte nun aber das Schlimmste überstanden sein. In der Vergangenheit waren solche Phasen häufig der Ausgangspunkt für einen starken Rebound. Mitte Juli folgte zum Beispiel auf die wachsende Skepsis der Terminmarktprofis eine technische Erholung um mehr als 15 Prozent. Fazit: Unter Timingaspekten scheint ein Einstieg derzeit mehr Sinn zu machen als ein Verkauf.
Auf Seite 2: Silber - Aussichtsreicher als Gold?
Den beiden Edelmetallen Gold und Silber wird traditionell eine hohe Korrelation nach gesagt. Das heißt: Beide laufen in der Regel in dieselbe Richtung, wenngleich es immer wieder Phasen gibt, in der sich das eine besser bzw. schlechter entwickelt als das andere. Über das Gold/Silber-Verhältnis kann man erkennen, wie sich beide Edelmetalle in Relation zueinander entwickeln. Es zeigt an, wieviel Feinunzen Silber zum Kauf von einer Feinunze Gold benötigt werden. Ein historisch hoher Wert dieser Kennzahl bedeutet, dass der Silberpreis als relativ günstig interpretiert werden kann, während ein niedriges Gold/Silber-Verhältnis das in absoluten Zahlen mit Abstand günstigste Edelmetall als vergleichsweise teuer erscheinen lässt.
In der vergangenen Woche "kratzte" das Gold/Silber-Ratio an der Marke von 80 und deutete dadurch (gegenüber Gold) auf eine Unterbewertung von Silber hin. In den vergangenen zehn Jahren folgten auf solche Phasen häufig kräftige Trendwechsel nach unten. Grundsätzlich kann man das relativ hohe Gold/Silber-Verhältnis dahingehend interpretieren, dass Silber derzeit bessere Perspektiven eröffnet als Gold. Doch aufgepasst: Über den generellen Trend der beiden Edelmetalle trifft der Indikator keine konkrete Aussage. Als Einstiegssignal für Silber sollten Anleger die jüngste Entwicklung daher nur ansehen, wenn sie sowohl Gold als auch Silber einen generellen Aufwärtstrend zutrauen. Im Falle einer Edelmetallbaisse würde ein fallendes Gold/Silber-Verhältnis lediglich dazu führen, dass man mit Silber prozentual weniger verlieren würde als mit Gold - und dieses Anlageziel dürfte ja nicht sonderlich erstrebenswert sein.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.