Bei Silberpreis-Futures sollte man sich stets darüber bewusst sein, dass ein Kontrakt den Gegenwert von 5.000 Feinunzen Silber repräsentiert. Bei aktuell rund 170.000 offenen Kontrakten ergibt sich somit ein Gesamtvolumen von 850 Millionen Feinunzen, was einem Marktwert von fast zwölf Milliarden Dollar entspricht. Wer den Silberpreis verfolgt und analysiert sollte daher die Geschehnisse an der Terminbörse genau im Auge behalten.
Einmal pro Woche informiert die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission im Commitments of Traders-Report (CoT) über die long bzw. short positionierten Silber-Futures kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) und liefert dadurch ein Bild über deren aktuelle Gemütslage. Fazit: Unter den spekulativen Marktakteuren hat der Optimismus innerhalb eines Monats stark nachgelassen und dadurch die markante Silberpreisschwäche erheblich begünstigt.
Während beim allgemeinen Interesse an Silber-Futures, ablesbar an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), in den vergangenen vier Wochen keine nennenswerten Veränderungen zu beobachten waren, haben vor allem Großspekulanten (Non-Commercials) ihren Optimismus deutlich zurückgefahren. Deren Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) hat sich während dieses Zeitraums von 62.445 auf 19.393 Futures mehr als gedrittelt.
Kleinspekulanten (Non-Reportables) haben sich diesem Trend teilweise entzogen. Zwar wurden auch sie in den vergangenen beiden Wochen deutlich skeptischer, ihre Netto-Long-Position übertrifft aber mit 9.332 Futures das Ende Oktober zu beobachtende Vergleichsniveau in Höhe von 6.928 Kontrakte um immerhin 35 Prozent. Nun stellt sich vor allem eine Frage: Lässt der Verkaufsdruck der Terminspekulanten nach?
Auf Seite 2: Charttechnische Hoffnung keimt auf
Aus charttechnischer Sicht sind beim Silberpreis aktuell zwei Aspekte positiv hervorzuheben. Zum einen hat sich im Bereich von 14 Dollar eine markante Unterstützungszone gebildet, die bislang erfolgreich verteidigt wurde. Zum anderen generierte der Timingindikator Relative-Stärke-Index im November mit dem deutlichen Sprung über die Marke von 30 Prozent einen Ausbruch aus der überverkauften Zone und somit ein charttechnisches Einstiegssignal. Allerdings überwiegen derzeit immer noch diverse Belastungsfaktoren. Übergeordnet befindet sich der Silberpreis nämlich weiterhin in einem intakten Abwärtstrend, was sich an der sinkenden 200-Tage-Linie besonders gut ablesen lässt.
Bei Silbermünzen kann sich die nationale Münzprägeanstalt US Mint über Desinteresse derzeit wahrlich nicht beklagen. Allein im November verkaufte man 4,824 Millionen Silver-Eagle-Münzen an den Großhandel und übertraf damit das vergleichbare Vorjahresniveau um über 40 Prozent. Mit bislang 44,667 Millionen Exemplaren hat man bereits in den ersten elf Monaten den Rekordwert des Vorjahres in Höhe von 44,006 Millionen Stück übertroffen. Zur Erinnerung: Im Jahr 2000 belief sich das Absatzvolumen auf lediglich 9,133 Millionen Münzen. "Out" scheint physisches Silber derzeit nicht zu sein.
In Deutschland eignen sich Silbermünzen aufgrund der Mehrwertsteuerpflicht aber in erster Linie für Investoren mit langfristigem Anlagehorizont. Wer sein liquides Privatvermögen unter dem Aspekt Vermögensschutz auch in Silber investieren möchte, sollte sich bei Papiersilber in Form von Futures oder Silber-Derivaten über das damit verbundene Kontrahentenrisiko stets im Klaren sein. Nur ein Beispiel: Bei dem oben erwähnten Silber-Futures-Marktvolumen von 850 Millionen Feinunzen sollte man sich immer wieder vor Augen führen, dass diese nur unzureichend mit echten Silberbarren hinterlegt sind. So belaufen sich die registrierten Silberbestände der Commodity Exchange derzeit auf lediglich 43,65 Millionen Feinunzen - also etwas mehr als fünf Prozent des Gesamtvolumens offener Kontrakte.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.