Im wöchentlichen Rhythmus liefert der Commitments of Traders-Report (CoT) ein aktuelles Bild über die long bzw. short positionierten Silber-Futures kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) und informiert dadurch über deren Gemütslage. Hier war unter den spekulativen Marktakteuren in den vergangenen Wochen ein stark wachsender Optimismus zu beobachten, der mittlerweile das höchste Niveau seit über sieben Jahren erreicht hat. Zur Erinnerung: Damals löste die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers den schlimmsten Konjunktureinbruch seit Jahrzehnten aus.
In den vergangenen drei Monaten hat sich der Optimismus der Terminspekulanten geradezu vervielfacht. Während dieses Zeitraums hat sich das allgemeine Interesse an Silber-Futures, ablesbar an der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), zwar von 190.226 auf 169.757 Kontrakte (-10,8 Prozent) spürbar beruhigt, mit dem Optimismus der Silberspekulanten ging es hingegen deutlich nach oben. So hat sich zum Beispiel die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten seither von 11.167 auf 69.373 Futures mehr als versechsfacht, was vor allem auf die Aktivitäten großer Spekulanten (Non-Commercials) zurückführen war. Bei ihnen ist nämlich die Netto-Long-Position von 4.245 auf 62.445 Kontrakte regelrecht explodiert, während bei den Kleinspekulanten (Non-Reportables) lediglich eine Stagnation bei 6.900 Kontrakten zu beobachten war.
Auf Seite 2: An 200-Tage-Linie abgeprallt
Aus charttechnischer Sicht befindet sich der Silberpreis aus mehreren Gründen derzeit in einer ausgesprochen spannenden Lage. Erstens: Der Kampf um die 200-Tage-Durchschnittslinie scheint noch nicht völlig verloren zu sein. In den vergangenen 24 Monaten scheiterte das Edelmetall allerdings insgesamt fünfmal an dieser für Charttechniker extrem wichtigen Hürde. Ein bisschen Hoffnung macht allerdings der Umstand, dass dies Durchschnittslinie von einem markanten Abwärtstrend in eine Seitwärtsbewegung übergegangen ist. Sollte der Silberpreis in den kommenden Wochen über die 200-Tage-Linie zurückkehren und diese zudem nach oben drehen, könnte man diese Entwicklung durchaus als Trendwechselsignal interpretieren.
Zweitens: Hoffnung macht aber auch ein anderer Sachverhalt. Mit dem Überwinden der Marke von 16 Dollar brach das Edelmetall zeitweise nämlich aus dem mehrjährigen Abwärtstrend aus. Im Falle eines nachhaltigen Ausbruchs wäre dies ebenfalls als Trendwechselsignal zu werten. Dadurch würde sich das charttechnische Sentiment deutlich aufhellen. Da der Silber-Chart in den vergangenen Jahren so manche "Bullenfalle" generiert hat, mag man an einen Turnaround noch nicht so recht glauben. Aber ein Umspringen der charttechnischen Ampel von "Rot" auf "Gelb" kann man dem Silberpreis durchaus attestieren.
Regelrechte Lieferprobleme gab es im Oktober beim physischen Handel von Silbermünzen zu berichten. Mehrere Münzprägeanstalten waren gezwungen, aufgrund einer deutlich gestiegenen Nachfrage, ihre Verkäufe zeitweise zu limitieren. So hat zum Beispiel die US Mint in den Sommermonaten Juni, Juli und August mit über 15 Millionen Feinunzen ungewöhnlich viele American Silver Eagles verkauft. Von Januar bis Oktober belief sich die insgesamt abgesetzte Menge bereits auf fast 40 Millionen Feinunzen. Die Chance auf ein drittes Rekordjahr in Folge ist somit relativ groß. Zur Erinnerung: Im Jahr 2013 wanderten 42,675 Millionen und 2014 sogar 44,06 Millionen Feinunzen in Form von Silver-Eagles-Münzen in die Schatullen der Anleger. Auf den Preis hat sich der Nachfrageboom der vergangenen Jahre allerdings nicht positiv ausgewirkt.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.