Liebe Anlegerinnen und Anleger,



damit hat kaum jemand ernsthaft gerechnet - und dennoch wurde Trump zum zukünftigen US- Präsidenten gewählt. Mindestens genauso überraschend wie der Wahlausgang ist die letztendlich positive Reaktion der Marktteilnehmer. Nach glimpflichen Verlusten in Asien eröffneten die europäischen Börsen zwar sehr schwach, tasteten sich dann aber überraschend schnell in positives Terrain. Meiner Meinung nach haben viele Anleger an den heftigen Kurseinbruch im Zusammenhang mit dem Brexit gedacht - und herzhaft bei Aktien zugegriffen. Ganz im festen Vertrauen, dass sich die Geschichte wiederholen wird und wir bereits in wenigen Tagen der verpassten Gelegenheit nachtrauern werden.

Ob in der heutigen Situation der Mut der Anleger belohnt wird, wage ich allerdings zu bezweifeln und bin daher etwas skeptisch für den Verlauf der kommenden Tage. Überhaupt nicht nachvollziehen kann ich zum Beispiel, warum angesichts von drohenden Handelsbarrieren heute der DAX um ein Prozent steigt, der doch das Börsenbarometer einer der stärksten Exporteure der Welt darstellt? Ein dickes Minus von 3 % wäre einfacher zu erklären, da die Ausfuhren eines schwäbischen Mittelständlers in die USA unter der zukünftigen Administration bestimmt nicht einfacher werden.

Etwas bedenklich finde ich, daß jetzt die so genannten Experten im Tagesverlauf plötzlich sehr viel Positives in den Vorhaben und Absichten von D. Trump finden, obwohl diese natürlich heute unverändert sind zu denen der jüngeren Vergangenheit. Kurz vor Eröffnung der Wahllokale wollte kein seriöser Experte positives z.B. in einem kreditfinanzierten Infrastrukturprogramms oder dem Aufbau von Handelsschranken erkennen. Oder auch in einer strafferen Geldpolitik, steigenden Zinsen und einem festeren Dollar unter einem neuen FED-Präsidenten/in. Auch ist meiner Meinung nach eine potentiell höhere Verschuldung des öffentlichen Sektors und eine Zurückführung von Reformen im Gesundheitssektor keine zukunftsgewandte Politik.

Vor allem aber wird sich die viel zitierte Unsicherheit über den zukünftigen (wirtschafts) politischen Kurs erst in den kommenden Wochen und Monaten offenbaren - und ist keinesfalls jetzt bereits beendet.

Daher kann ich mir nur sehr schwer vorstellen, dass die globalen Märkte eine ähnlich steile Rallye wie in den Sommermonaten nach dem Brexit hinlegen. Mal ganz davon abgesehen, daß die Marktteilnehmer vielleicht schon in wenigen Tagen über die nächste Sitzung der US-Notenbank diskutieren. Oder auch über das Referendum in Italien, welches zu einem Rücktritt der dortigen Regierung und stärkerer Anti -Europäische Stimmung führen könnte.

Über die außenpolitischen Risiken und die Unsicherheit, wie es in Syrien, Afghanistan, der Ukraine und mit dem schon fixierten Atomprogramm mit dem Iran weitergeht, müssen wir erst gar nicht sprechen.



Steigende Zinsen ziehen die Finanzaktien nach oben



Auch in anderer Hinsicht war der gestrige Tag denkwürdig. Denn tendenziell steigen Aktien, wenn die Rendite fällt- und natürlich umgekehrt. Gestern aber sprang die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen US- Anleihe um mehr als 11 % nach oben auf nunmehr 2,1 % - und trotzdem entwickelten sich die Aktien sehr fest. Vor allem natürlich auch diejenigen Sektoren, die traditionell von steigenden Zinsen profitieren, also die Bank- und Finanzaktien.

Diese Sektoranalyse ist meiner Meinung nach sehr wichtig, da ohne stabile Finanzaktien ein breiter Aktienaufschwung kaum denkbar ist. Bitte bedenken Sie, daß Sie bei der Analyse von Einzeltiteln immer darauf achten sollten, ob diese sich in einem attraktiven und relativ starken Sektor bewegen. Dies ist deshalb so wichtig, da sich grundsätzlich etwa 85 % der Mitglieder eines Marktes oder eines Sektors wie ein Fisch-Schwarm gleichförmig bewegen.



Deutlich zeigt Ihnen der besonnene P & F Chart, daß sich die Finanzaktien seit dem Ende der Bankenkrise in einem Aufschwung befinden. Dieser ist bereits vor mehr als zwei Jahren in eine Seitwärtsbewegung zwischen 15 und 20 Punkten übergegangen. Mit Beginn des Zinsanstiegs Anfang Juli stieg die Nachfrage nach Finanzaktien und der gesamte Sektor wurde wieder von der Nachfrage gelenkt, was Ihnen die positive X-Achse ganz rechts zeigt. Diese ist in den vergangenen Wochen exakt bis zur oberen Begrenzung der Seitwärtsbewegung gewandert. Es fehlt nicht mehr viel und der Seitwärtstrend wird nach oben hin aufgelöst. Oberhalb von 21 würde ein sehr starkes und mehrfaches Kaufsignal entstehen und ein Test des bisherigen Hochs aus dem Jahre 2005 bei 25 Punkten wäre sehr wahrscheinlich.



DAX bleibt im Seitwärtstrend



Da war er wieder, einer dieser sehr seltenen und extremen Handelstage mit einer Spanne von etwa 500 Punkten im Handelsverlauf. So etwas erleben wir wirklich nicht häufig und meist werden an diesen Tagen wichtige Weichen gestellt, da entweder die Fakten neu bewertet oder frisches Kapital an die Märkte strömt. Dabei ist es sehr wichtig, diese Tage genau zu analysieren und deren Potenzial für die nähere Zukunft abzuschätzen - auch wenn dies natürlich sehr schwer fällt, wie die gehäuften Überraschungen der vergangenen Monate immer wieder zeigen.



Deutlich zeigt Ihnen der gelassene P & F Chart, daß der DAX mittlerweile seit August (Ziffer 8) in einer Seitwärtsbewegung zwischen etwa 10.150 und 10.800 Punkten gefangen ist. Daran hat auch der gestrige Sie aufregende Handelstag nichts geändert, an dem übrigens der Bereich der wichtigen 200- Tage- Linie bestätigt und die 50-Tage- Linie von unten überschritten wurde. Eine Vorentscheidung im DAX werden wir erst erleben, wenn entweder die obere oder die untere Begrenzung des Rechtecks verletzt wird. Insofern gibt es derzeit keinen Grund sich der Hektik an den Märkten anzuschliessen.



Trotz des gestrigen auch psychologisch sehr positiven Handelstages bleibt das P & F -Verkaufssignal vorerst intakt. Dieses wurde aktiviert, als die 0-Achse im rechten Bereich von oben kommend unter das neue Tief der vorhergehenden 0-Achse bei 10.300 gewandert ist. Wegen der typischerweise häufigen Fehlsignale in einem Seitwärtstrend ist meiner Meinung nach der Blick auf den inneren Markt sehr wichtig. Diesbezüglich befinden wir uns bereits seit mehreren Wochen übergeordnet in einer Marktphase, die trotz des gestrigen Tages ganz eindeutig vom Angebot gelenkt wird. Denn der wichtigste Risikoindikator des inneren Marktes, der NYSE Bullish Percent, befindet sich von oben kommend in einer 0- Spalte. Dies bedeutet, dass große Anleger tendenziell Kapital abziehen und immer mehr Aktien auf ein Verkaufssignal wechseln, der Markt also von innen her aufweicht und vom Angebot gelenkt wird.

Falls Sie sich für die P & F Charts und den inneren Markt interessieren, beachten Sie bitte auch mein Gratis- E-Book und meinen freien Börsenbrief.

Viel Erfolg und herzliche Grüße aus dem Rheinland

Ihr Klaus Buhl

Klaus Buhl, Geschäftsführer der Libra Invest GmbH (www.libra-invest.de), bekennender Anhänger von Point and Figure Charts und der Philosophie des "inneren Marktes".