In den vergangenen 70 Jahren waren November und Dezember immer der zweit- und drittbeste Monat für den S&P 500. Gleiches gilt für den Dax mit seiner mehr als 30-jährigen Geschichte. Der breit gefasste US-Index legte in diesen Monaten im Schnitt rund eineinhalb Prozent zu. Der deutsche Leitindex gewann sogar jeweils etwa 2,5 Prozent. Für den europäischen Stoxx600 ist das Jahresende ebenfalls eine gute Zeit.
"Eigendynamik ist eindeutig ein Faktor", sagt Anlagestratege George Pearkes vom Vermögensberater Bespoke. "Wenn die Aktienkurse das ganze Jahr steigen und die Leute unterinvestiert sind wollen sie vor dem Jahresende noch zukaufen." In Jahren, in denen der S&P 500 in den ersten elf Monaten mehr als 20 Prozent zulege, falle das durchschnittliche Plus noch einmal höher aus, rechnet Anlagestratege Ryan Detrick vom Vermögensverwalter LPL vor. Der Dax steigt in solchen Hausse-Zeiten zum Jahresabschluss sogar gut doppelt so stark wie sonst im Dezember. Beim Stoxx600 ist es mit etwa 6,5 Prozent sogar mehr als drei Mal so viel wie üblich. Im laufenden Jahr hat lediglich der S&P 500 die 20-Prozent-Marke übersprungen.
KONJUNKTURHILFEN FLIEßEN WEITER
Aber auch fundamental spreche viel für eine Fortsetzung der Aktienrally, auch wenn sich die Omikron-Variante rasch ausbreite, sagt Anlagestratege Lars Kreckel vom Vermögensverwalter LGIM. "Die fiskalische Unterstützung, falls erforderlich, dürfte nicht anders ausfallen als in früheren Wellen." Wenn in den vergangenen Wochen Staaten Pandemie-Restriktionen verschärften, hätten sie Unternehmen mit Konjunkturhilfen unter die Arme gegriffen. In den USA könne ähnliches erwartet werden, da die Demokraten in beiden Häusern des Kongresses eine Mehrheit hätten.
Das Auftauchen der Omikron-Variante sei ohnehin nur ein Vorwand gewesen, um nach der Rally der vergangenen Monate Gewinne mitzunehmen, sagt Anlagestratege Jack Janasiewicz vom Vermögensverwalter Natixis. "Starke Firmengewinne und eine wahrscheinlich expandierende Wirtschaft sollten größere Kursverluste verhindern." Eine explosionsartige Ausbreitung von Omikron und neue flächendeckende Lockdowns würden im schlimmsten Fall das Wachstum der Weltwirtschaft im ersten Quartal 2022 auf zwei Prozent halbieren, prognostizieren die Experten der Bank Goldman Sachs.
rtr