Die anhaltende Corona-Pandemie wirbelt den gewohnten Alltag schon seit mehr als anderthalb Jahren kräftig durcheinander. Vieles ist anders im Jahr zwei der Pandemie - das gilt auch für die anstehende Einkommensteuererklärung für das vergangene Jahr. Sie muss bis zum 1. November 2021 beim Finanzamt abgegeben werden, sofern man keinen Steuerberater mit dem leidigen Papierkrieg beauftragt. Wer steuerlich beraten wird, bekommt einen Aufschub um sieben Monate bis zum 31. Mai 2022.
Viele Soloselbstständige und Gewerbetreibende im Handel, in der Gastronomie und in der Kulturszene werden immer noch von Existenzängsten geplagt und haben eigentlich momentan ganz andere Sorgen als die Abrechnung mit dem Finanzamt für das Corona-Seuchenjahr 2020. Doch drücken kann man sich vor dem Abgeben der Steuererklärung nicht - anders als Arbeitnehmer sind Selbstständige in jedem Fall verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen. Dies muss in der Regel in digitaler Form über das Portal www.elster.de geschehen. Eine Steuererklärung auf Papier akzeptiert der Fiskus nur noch in absoluten Härtefällen.
Neues Formular für Corona-Hilfen
Wer als Selbstständiger, Gewerbetreibender oder Landwirt im vergangenen Kalenderjahr Corona-Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder vergleichbare Zu- schüsse vom Staat kassiert hat, muss diese in einem neuen Formular namens "Anlage Corona-Hilfen" zur Steuererklärung 2020 separat aufführen.
Das Formular ist zwar schnell ausgefüllt - die Brisanz der wenigen abgeforderten Angaben ist dennoch enorm. Denn Vater Staat hat nach Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums über verschiedene Hilfsprogramme bereits mehr als 121 Milliarden Euro (Stand: 28. September 2021) als Sofort- und Überbrückungshilfen an in Not geratene kleinere Betriebe und Soloselbstständige überwiesen. Davon will der Fiskus einen Teil wiederhaben - entweder über Rückforderungsansprüche oder über Steuernachzahlungen.
Das Formular Corona-Hilfen soll dazu einen gigantischen Datenabgleich zwischen den Finanzämtern und den auszahlenden Stellen ermöglichen. Diese hatten jede Auszahlung von Corona-Zuschüssen automatisch an die Finanzämter melden müssen (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 21. Januar 2021, Bundessteuerblatt 2021 Teil I S. 136, Tz. 7).
Problem 1: Gerade die bis Ende Mai 2020 gewährte Corona-Soforthilfe wurde unbürokratisch ausgezahlt. Auch die nachfolgenden Überbrückungs- und Neustarthilfen wurden zügig gewährt. Jetzt wird im Nachhinein allerdings geprüft, ob die Zuschüsse nach den Förderbedingungen zu Recht gewährt wurden. Denn die Hilfe stand nur denjenigen zu, die tatsächlich wegen der Corona-Pandemie finanzielle Sorgen hatten.
Rückforderungen bei der Soforthilfe dro- hen vor allem Betrieben, deren Liquiditäts- engpass nicht so hoch war wie in den Förderanträgen angegeben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat bereits am 14. Dezember 2020 (Az. 20 K 4706/20) entschie- den, dass die Rückforderung der Corona- Soforthilfe rechtmäßig ist, wenn ein Soloselbstständiger bereits vor der Pandemie wirtschaftliche Probleme hatte. Tipp: Wer sich kundig machen will, ob Rückforderungen drohen, findet Kontaktdaten und Formulare auf den Websites der Landesinvestitionsbanken.
Problem 2: Die ausgezahlten Hilfsgelder stellen nach Ansicht der Finanzverwaltung steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar und unterliegen demnach der Einkommensteuer. Nur bei der Umsatzsteuer bleiben die Hilfsgelder außen vor. Darauf weist eine Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 31. Juli 2020 federführend auch für die anderen Bundesländer ausdrücklich hin (Az. S 2143.2.1-10/3 St 32).
Steuerzahler, die 2020 entsprechende Hilfsgelder erhalten haben, müssen die Beträge deshalb in ihrer elektronischen Steuererklärung an zwei Stellen deklarieren - einmal als Betriebseinnahme in der Gewinnermittlung (Bilanz oder Anlage EÜR) und noch mal als Gesamtsumme in der neu eingeführten Anlage Corona-Hilfen.
Die bayerische Finanzverwaltung pocht auf eine Steuerpflicht aller Hilfen, auch wenn diese nicht nur zur Deckung betrieblicher Fixkosten, sondern ausdrücklich auch für den privaten Lebensunterhalt von Künstlern und anderen Soloselbstständigen bestimmt waren. Entsprechende Hinweise auf die Steuerpflicht waren zum Beispiel im landeseigenen Künstlerhilfsprogramm bereits enthalten (Tz. 2.2. der Richtlinien für das Künstlerhilfsprogramm, Bayerisches Ministerialblatt 2020 Nr. 301). Denn die Hilfen wurden überhaupt nur gewährt, wenn betriebliche Liquiditätsengpässe, Einnahmeausfälle oder erhebliche Umsatzrückgänge als Antragsvoraussetzung vorlagen. Das reicht für die Finanzbeamten, um eine Einstufung der Zuschüsse zu den betrieblichen Einnahmen zu rechtfertigen.
Steuerpflicht - für was auch immer
Doch so klar, wie der bayerische Fiskus die Steuerpflicht der Corona-Hilfen sieht, scheint die Sache nicht zu sein. Denn es gibt durchaus Steuerexperten, wie zum Beispiel Dr. Hans-Peter Dellner, Vorsitzender Richter am Finanzgericht München, die eine volle Steuerpflicht sämtlicher Staatshilfen so nicht nachvollziehen können - eben gerade dann, wenn die gewährten Hilfen bei Soloselbstständigen ausdrücklich für den Lebensunterhalt bestimmt sind. Gegen eine Steuerpflicht der Hilfsgelder führen sie an, dass sie eben nicht auf einer wirtschaftlichen Betätigung der Betriebe beruhen, sondern gerade auf der staatlich angeordneten zwangsweisen Nichtbetätigung infolge der Pandemie und der behördlich angeordneten Lockdowns. Auch kommen die Gelder nicht von den üblichen Kunden des Betriebs, sondern von staatlichen Stellen.
Tipp: Die Corona-Hilfen müssen in den Steuerformularen deklariert werden, da führt kein Weg dran vorbei. Allerdings können Betroffene Einspruch gegen den Steuerbescheid für 2020 einlegen und dann die weitere Entwicklung abwarten. Möglicherweise werden sich die Finanzgerichte noch mit der Sache befassen.
Es gibt für Soloselbstständige noch einen weiteren Notausgang, wenn die gezahlten Corona-Hilfen bei der Jahresabrechnung nachträglich Steuern auslösen. Man kann bei seinem Finanzamt einen Antrag auf Steuererlass aus Billigkeitsgründen stellen, wenn die eigene Existenz weiter in Gefahr ist. Ob die Behörden bei solchen Anträgen mitspielen, ist allerdings noch nicht absehbar. Es ist eben vieles anders im zweiten Jahr der Pandemie.