D er Ölpreis zeigt wenig Bewegung. Mal überwiegen die Konjunktur­sorgen, was den Preis tendenziell belastet, dann wieder Angebotssorgen etwa wegen geopolitischer Risiken, die den Erdölpreis stützen. Ein Impuls für die jüngste Aufwärtsbewegung kam aus Russland. Surgutneftegaz, der viertgrößte Ölkonzern des Landes, drosselte Ende April seine Fördermenge un­erwartet um 13 Prozent. 295 000 Barrel Erdöl pro Tag weniger sind kein Pappenstiel: Surgutneftegaz steht immerhin für elf Prozent der gesamten russischen Ölförderung. Vermutlich steht die Kürzung mit der Exportpipeline "Druschba" nach Europa im Zusammenhang. Weil dort verschmutztes Öl entdeckt wurde, ist die Pipeline seit Ende April unterbrochen. Sobald das Problem behoben ist und das Öl wieder fließt, dürfte sich die Produktionsmenge wieder normalisieren, erwarten Branchenkenner. Zum ersten Mal in diesem Jahr hat Russland damit auch die Vereinbarung zur Drosselung der Ölproduktion mit den Mitgliedsstaaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) eingehalten. Die Verknappung stützt den Ölpreis. Buchgewinne explodieren Surgutneftegaz kann sich die Kürzung leisten. Die Firma hat im Branchenvergleich einen hohen "oil recovery factor". Das bedeutet, dass die Ausbeute aus den Förderquellen besonders effizient ist. Da Surgutneftegaz seit Langem mehr Geld einnimmt als investiert wird, ist der Konzern zu einem der reichsten des Landes aufgestiegen. Ende 2018 hatte der Energiekonzern umgerechnet 45,9 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Ein Großteil davon liegt auf Devisenkonten, vorwiegend in US-Dollar. Kurios: Die Buchgewinne der Währungskonten summierten sich 2018 auf knapp 530 Milliarden Rubel, mehr als das Geschäft mit den fossilen Rohstoffen unter dem Strich einbrachte. Aus der Sicht von Börsianern ist Surgutneftegas aus zwei Gründen einen Blick wert. Erstens übersteigt der Bargeldbestand den Börsenwert von rund 16 Milliarden Euro deutlich. Und zweitens liegt das KGV unter zwei, ein sogar für russische Verhältnisse preiswertes Niveau. Einziger Haken: Die Aktionärsstruktur ist nicht transparent. Die Gesellschaft ist über Stamm- und Vorzugsaktien notiert. An den deutschen Börsen werden sogenannte American Depositary Receipts (ADRs) auf jede Gattung gehandelt, die jeweils zehn Aktien verbriefen. Die beiden Gattungen entwickeln sich gegensätzlich: Während die Stamm­aktien - wohl auch wegen der gedrosselten Produktion - in den vergangenen sechs Monaten rund ein Drittel eingebüßt haben, legten die Vorzugsaktien deutlich zu. Das liegt daran, dass Surgutneftegaz auf diese Gattung immer mal wieder eine sehr hohe Dividende auszahlt. Im laufenden Turnus mit Stichtag 18. Juli sind es 7,62 Rubel, ­während die Stämme nur 0,65 Rubel erhalten. Weil der zehnfache Betrag bei den ADRs landet, rentieren diese mit rund 18 Prozent.petra maier