Davon überzeugen drei auf der Long-Seite, während drei Einzelwerte mit Blick auf 2021 charttechnisch kritisch zu beäugen sind - was Anleger jetzt wissen müssen.

TecDAX: Konsolidierung auf hohem Niveau


Die deutschen Hightechs präsentieren sich zum Jahreswechsel in bester Laune. Mit einem aktuellen Indexstand des TecDAX von 3224 Punkten fehlen dem TecDAX nur noch knapp 79 Zähler (2,5%) bis zum 2020er-Jahreshoch. Dieses wurde im Februar bei 3303 Zählern markiert. Nach Weihnachten erfolgte ein Sprung über die 3200er-Chartlinie - die jüngste Seitwärtsbewegung könnte damit bald der Vergangenheit angehören. Am langfristigen Aufwärtstrend des TecDAX ändert die bisherige Warteschleife ohnehin nicht viel. Der positive Trend des TecDAX wird durch den Verlauf der 200-Tagelinie visualisiert. Diese Linie zeigt die durchschnittlichen Kurse der vergangenen 200 Handelstage auf und präsentiert damit den TecDAX-Verlauf in geglätteter Form. Grundsätzlich gilt: Solange dieser gleitende Durchschnitt nach oben strebt, so wie aktuell beim TecDAX der Fall, so lange gilt auch der übergeordnete Aufwärtstrend grundsätzlich als intakt.

Die wichtigsten Schlüsselmarken beim TecDAX lauten: 3303 Punkte (bisheriges Jahreshoch 2020 = Widerstand) und 3037 Punkte (200-Tagelinie = Unterstützung). Ein Ausbruch über 3303 Punkte wäre als Kaufsignal zu bewerten. Dieser Break out könnte bereits in den ersten Handelswochen des neuen Jahres gelingen, zumal der TecDAX aktuell keine Anzeichen einer überkauften Marktsituation von sich gibt. Die Grafik unterhalb des Charts zeigt den prozentualen Abstand zwischen 200-Tagelinie und Indexstand. Je größer dieser Abstand, desto überkaufter (roter Bereich) / überverkaufter (grüner Bereich) gilt der TecDAX. Mit einem prozentualen Abstand zwischen gleitendem Durchschnitt und Indexstand von derzeit 6,2 Prozent bewegt sich dieser Indikator damit auf einer gesunden Kursbasis. Gute Aussichten also für die deutschen Hightechs.


TecDAX

Die Guten: Charttechnisch aussichtsreiche Aktien im TecDAX


Wenden wir uns drei Einzelwerten zu, die charttechnisch zum Jahreswechsel 2020 / 2021 auf der Long-Seite überzeugen.

Aixtron: Vom Versuch eines Comebacks

Kurs am 30. Dezember 2020: 14,15 Euro
Performance 2020: +67%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 14,31 Euro
Nächste mittelfristige Unterstützung: 10,26 Euro

Der Aktienkurs von Aixtron klettert weiter nach oben und notiert Ende 2020 punktgenau an einer wichtigen Schlüsselmarke. Die Rede ist von der 14,30-Euro-Preislinie, die noch vom Frühjahr 2018 herrührt. Ein signifikanter Ausbruch nach oben wäre als starkes Kaufsignal zu interpretieren.

Doch Achtung: Die jüngste Kursrallye bei Aixtron - die Aktie des Elektrotechnikherstellers hat sich seit März 2020 um mehr als 130 Prozent verteuert - führte zu einer mittlerweile überkauften Marktsituation, die im Linienverlauf unterhalb des Charts abzulesen ist. Die dort abgebildete Linie zeigt den prozentualen Abstand zwischen 200-Tagelinie und Aktienkurs auf. Je größer dieser Abstand, desto überkauften / überverkaufter gilt ein Wert. Im Falle der Aixtron-Aktie beträgt dieser Abstand derzeit knapp 34 Prozent und verläuft damit im roten Bereich. Eine Größe, die bereits von einer etwas überkauften Marktlage zeugt. Anfang 2018 aber betrug dieser Abstand bereits mehr als 70 Prozent, bevor eine mehr als einjährige Korrektur eingeläutet wurde.

Eine Kursübertreibung muss aber nicht zwangsläufig in einen Kurssturz münden. Auch eine Seitwärtsbewegung würde den prozentualen Abstand auf ein dann wieder gesundes Maß reduzieren. Denn die 200-Tagelinie steigt gegenwärtig um rund 0,18 Euro pro Woche. Für eine Seitwärtsbewegung - sprich: eine Konsolidierung - wäre der jetzige Widerstand um 14,30 Euro geradezu prädestiniert. Anschließend gehen wir von einem nachhaltigen Ausbruch über die 14,30er-Kurslinie aus. Am vorletzten Handelstag des Jahres schauten die Notierungen bereits über diese Schlüsselmarke - der Höchstkurs vom 29.12.20 lag bei 14,86 Euro. Würden sich die Notierungen oberhalb dieser 14,30er-Linie etablieren, so sähen wir das Aixtron-Kursziel im Bereich um 17,44 Euro; dort findet sich ein markanter Hochpunkt vom Frühjahr 2018.


Aixtron

Evotec: Ausbruch gelungen - Mehrjahreshoch erklommen

Kurs am 30. Dezember 2020: 29,90 Euro
Performance 2020: +29%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 35,00 Euro
Nächste mittelfristige Unterstützung: 23,69 Euro

Dieser Aufwärtstrend hat es in sich! Seit Anfang November geht es mit dem Aktienkurs von Evotec von 22,66 Euro bis auf 31,00 Euro nach oben - ein Plus von 36 Prozent in nur zwei Handelsmonaten. Evotek ist in der Wirkstoffforschungs- und -entwicklungsbranche zuhause. Die Verluste während des Corona-Börsenjahrs 2020 wurden mittlerweile alle wieder wettgemacht und die Papiere notieren mit aktuell knapp 30 Euro so hoch wie letztmalig im Jahre 2001.

Mitte Dezember erfolgte ein Ausbruch über den bisherigen Widerstand bei 27,29 Euro. Eine Evotec-Aktie kostet seither wieder so viel wie an den Höchstkursen des Jahres 2019. Dieser Ausbruch nach oben (grüner Pfeil) ist charttechnisch als Kaufsignal zu interpretieren. Zwar hat sich mittlerweile eine leicht überkaufte Marktsituation aufgebaut - siehe Grafik unterhalb des Charts -, doch ist der Abstand zwischen 200-Tagelinie und Aktienkurs von gegenwärtig knapp 25 Prozent, rückblickend betrachtet, noch kein Extrempunkt. Dies umso mehr, als die 200-Tagelinie um rund 0,20 Euro pro Woche ansteigt und damit diesen prozentualen Abstand, selbst im Falle einer Seitwärtsbewegung, reduzieren würde.

Nach dem gelungenen Break out nach oben sehen wir das nachfolgende Kursziel nun im Bereich um 35 Euro - mit der Chance auf mehr. Andererseits wäre im Fall eines kräftigeren Kursrückschlags, etwa bis an den Bereich um 26 Euro heran, der langfristige Aufwärtstrend grundsätzlich selbst dann noch intakt. Unsere positive Einschätzung würden wir erst bei einem Fall unter die 23,69-Euro-Kursmarke korrigieren.


Evotec

Infineon: Ohne großen Aufwand nach oben

Kurs am 30. Dezember 2020: 31,55 Euro
Performance 2020: +58%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 31,37 Euro
Nächste mittelfristige Unterstützung: 23,37 Euro

Der Aktienkurs von Infineon überzeugt seit Wochen bereits mit einer hohen Outperformance. Nun stehen die Titel unmittelbar vor ihrem Ausbruch über einen signifikanten Widerstand, und damit kurz vor einem möglichen Kaufsignal. Die besagte Hürde bei den Infineon-Kursen findet sich bei 31,37 Euro. Und dieser Ausbruch könnte gelingen, zumal der langfristige Trend zielstrebig gen Norden weist.

Im abgebildeten Monatschart zu erkennen: Die 200-Tagelinie. Diese verläuft bei derzeit 22,29 Euro und zeugt mit ihrem steil ansteigenden Verlauf von einem intakten, langfristigen Aufwärtstrend. Liegen die Kurse des Basiswertes zudem oberhalb dieses gleitenden Durchschnitts - wie derzeit bei der Infineon-Aktie der Fall -, so ist das ein Zeichen von Stärke und anhaltender Nachfrage seitens der Anleger. Auch wenn sich die positive Kursentwicklung bereits seit Ende März ohne nennenswerte Korrekturen hinzieht, so ist in der längerfristigen Betrachtung noch keine wirklich überkaufte Marksituation sichtbar. Davon spricht die Kurve unterhalb des Charts; diese misst den prozentualen Abstand zwischen Aktienkurs und 200-Tagelinie. Dieser Abstand von aktuell knapp 35 Prozent darf als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Kurssteigerungen in einem gesunden Rahmen verlaufen.

Langfristig betrachtet besitzt die Infineon-Aktie weiteres Potenzial nach oben. Sollte der erwähnte Widerstand um 31,37 Euro signifikant durchbrochen werden, so sähen wir den Weg frei bis in den Bereich um 45 / 50 Euro. Andererseits lässt sich im Falle einer Long-Strategie mit einer relativ engmaschigen Stop-Loss-Politik arbeiten. So könnte ein Initial-Stop-Losskurs etwa knapp unterhalb der ansteigenden 200-Tagelinie (22,29 Euro) platziert werden.


Infineon

Die Kritischen: Charttechnisch angeschlagene Aktien im TecDAX

So attraktiv die Hightechs derzeit erscheinen: Auch im TecDAX haben nicht alle Titel die gleichen Reize - auf die Selektion kommt es an! Nachfolgend porträtieren wir drei Einzelwerte aus dem Hightech-Index, die 2021 im Falle neuerlicher Kursverwerfungen wohl eher auf der Verkaufsliste der Anleger stehen dürften - Abwärtspotenzial inklusive.

SAP: Großer Systemfehler im Chartbild

Kurs am 30. Dezember 2020: 107,44 Euro
Performance 2020: -11%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 111,85 Euro
Nächste mittelfristige Unterstützung: 89,93 Euro

Nein, das war keine Glanzleistung, was der Kurs der SAP-Aktie in der zweiten Jahreshälfte 2020 vollzog: Ausgehend vom Jahreshoch bei 143,32 Euro (September 2020) sind die Titel der Softwareschmiede bis Anfang November auf 89,93 Euro eingebrochen - ein Minus von 37 Prozent innerhalb von nur neun Wochen. Auffallend dabei ist die große Kurslücke zum Monatswechsel Oktober / November. Bedeutet: Die Kurse haben, quasi über Nacht, knapp 14 Prozent an Wert verloren. Grund hierfür war eine Gewinnwarnung vonseiten des Unternehmens.

Charttechnisch betrachtet hat dieser Kurssturz die Ausgangslage natürlich nachhaltig verschlechtert. Zwischenzeitlich lagen die Aktienkurse 24 Prozent unterhalb ihrer 200-Tagelinie. Zum Jahresende hin gelang die Rückeroberung der 100er-Bastion. Als Schlüsselmarken markanter sind jedoch die 111,85er-Linie als Widerstand, sowie die 97,35er-Kursmarke als kurzzeitige Unterstützung. Der mittelfristige Trend, dargestellt durch die 200-Tagelinie, zeigt zwar noch aufwärts, wird aber vom niedrigen Kursniveau der Infineon-Aktie nach unten gezogen. Damit könnte sich auch der langfristig positive Trend gen Süden wenden. Ein nachhaltiger Durchbruch unter die 97,35-Euromarke wäre als Verkaufssignal zu verstehen und dürfte weiteren Abgabedruck erwarten lassen. Das nachfolgende Kursziel sähen wir in diesem Fall im Bereich um 90 Euro; im Worst-Case-Szenario sogar an den Tiefstkursen des Jahres 2020 bei 82,12 Euro.


SAP

Nemetschek: Wenn der Schwung fehlt

Kurs am 30. Dezember 2020: 61,75 Euro
Performance 2020: +6%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 70,55 Euro (200-Tagelinie)
Nächste mittelfristige Unterstützung: 52,45 Euro

Viel konnten Anleger mit den Aktien von Nemetschek nicht gewinnen. Zumindest nicht im Verlauf der vergangenen sechs Monate. De facto pendelte der Kurs des Softwareanbieters für Architekten entlang seiner seitwärts / aufwärts tendierenden 200-Tagelinie - außer Spesen nichts gewesen, ist man geneigt zu sagen. Dabei kann sich die Performance seit dem März-Tief bei 32,46 Euro durchaus sehen lassen: in einer flotten "V-Formation" ging es innerhalb von nur elf Wochen um knapp 130 Prozent nach oben. Dieser Anstieg beinhaltete bereits viele Vorschusslorbeeren, die es auch heute noch zu verdauen gilt.

Die langatmige Seitwärtsbewegung hat natürlich auch ihr Gutes: Die zuvor gesehene überkaufte Marktsituation hat sich zwischenzeitlich auf ein wieder gesundes Maß reduziert (siehe Kurve unterhalb des Charts). Die 200-Tagelinie steigt nach oben und signalisiert damit einen intakten, mittelfristigen Aufwärtstrend. Dass sich die Notierungen zum Jahreswechsel hin noch immer nicht oberhalb dieses gleitenden Durchschnitts retten konnten, stimmt kritisch. Verlieren die Anleger etwa die Geduld?

Charttechnisch ist bei Nemetschek (noch) nichts kaputt, doch der Weg bis zum 2020er-Jahreshoch bei 74,35 Euro, welches gleichzeitig das bisherige Allzeithoch markiert, ist von Widerständen gepflastert. Wir sehen die Gefahr, dass bei der nächsten Marktschwäche die Nemetschek-Papiere auf der Verkaufsliste der Investoren stehen. Anleger achten deshalb auf die Unterstützungslinien bei 55,05 Euro und 52,45 Euro. Insbesondere eine Verletzung der letztgenannten Marke könnte die Notierungen schnell in den Bereich um 44 Euro zurückführen; dort lag im Vorjahr eine Kaufzone. Notierungen oberhalb von 70,55 Euro hingegen wären positiv zu bewerten - und ein Ausbruch über das bisherige Allzeithoch von 74,35 Euro wäre ein klares Kaufsignal.


Nemetscheck

Nordex: Vom Winde getragen, vom Sturm bedroht

Kurs am 29. Dezember 2020: 21,64 Euro
Performance 2020: +86%

Nächster mittelfristiger Widerstand: 23,19 Euro
Nächste mittelfristige Unterstützung: 16,81 Euro

Der Aktienkurs der Nordex SE überzeugt seit Wochen bereits mit einer hohen Outperformance. Diese gipfelte Ende Dezember 2020 bei 22,60 Euro in einem Mehrjahreshoch. Der langfristige Trend zeigt steil nach oben und wird durch den steigenden Verlauf der 200-Tagelinie symbolisiert. Aktuell hadern die Notierungen des Windkraftanlagenbauers aber mit der Marke von 21,66 Euro, die sich als Widerstand darstellt und sich bis ins Jahr 2017 als Hürde zurückverfolgen lässt.

Die jüngste Aufwärtsrallye hat dazu geführt, dass sich der Basiswert bereits ordentlich heiß gelaufen hat, und dies gerade in der längerfristigen Betrachtung, wie sie der Wochenchart ermöglicht. Der Titel ist "überkauft", wie Chartisten sagen. Ein Hinweis darauf liefert der prozentuale Abstand zwischen 200-Tagelinie und Aktienkurs. Dieser bewegt sich bei der Nordex-Aktie bei derzeit knapp 85 Prozent und damit - rückblickend betrachtet - im dunkelroten Terrain (siehe Kurve unterhalb des Wochencharts).

Achtung: Die aktuell stark überkaufte Marktsituation könnte schnell zu weiteren Gewinnmitnahmen führen! Insbesondere dann, wenn auch die Gesamtmärkte erneut zu schwächeln anfangen sollten. Bereits am vorletzten Handelstag 2020 haben die Titel 2,8 Prozent an Wert verloren. Anleger achten jetzt auf die nächsten Unterstützungslinien: 19,00 Euro und 16,81 Euro. Im Falle eines Durchbruchs unter die 16,81er-Kursline bestünde die Gefahr einer kraftvollen Korrektur bis in den Bereich um 13 Euro heran, wo mit der nächsten, kräftigeren Auffanglinie zu rechnen ist. Kurse oberhalb von 23,19 Euro wären grundsätzlich positiv zu bewerten. An der stark überkauften Marktsituation indes würde sich kaum etwas ändern - die Titel blieben auch weiterhin gefährdet für einen Rückschlag.


Nordex

AUTOR Manfred Ries vom Index Radar-Magazin ist ausgebildeter Bankkaufmann und Finanzjournalist. Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre arbeitete er über viele Jahre hinweg in den Bereichen Vermögensanlage und Devisenhandel bei Großbanken. Für Börse Online analysierte er bereits 1999 die Märkte aus charttechnischer Sicht. www.index-radar.de