Wegen der Handelskonflikte mit den USA und der Unsicherheit über den EU-Austritt Großbritanniens haben viele Forscher ihre Wachstumsprognosen gesenkt. Die Bundesregierung rechnet für 2019 mit einem Prozent Wachstum, nach 1,4 Prozent im Vorjahr. Das IWH-Institut aus Halle erwartet sogar, dass die Konjunktur nur noch um 0,5 Prozent anzieht. Für das nächste Jahr rechnen die Wirtschaftsweisen mit 1,7 Prozent Wachstum - vor allem wegen der deutlich höheren Zahl von Arbeitstagen. Bereinigt um diesen Effekt werde das Plus bei 1,3 Prozent liegen.
Die Konjunkturabkühlung zeigt sich vor allem in der Industrie - hier sank der Auftragsbestand Anfang 2019 zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren. Er schrumpfte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Januar saison- und kalenderbereinigt um 0,4 Prozent zum Vormonat.
Börsenprofis blicken derweil zusehends optimistischer auf die Konjunktur. Das Barometer für ihre Erwartungen für das nächste halbe Jahr stieg im März um 9,8 auf minus 3,6 Punkte und damit den fünften Monat in Folge, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner monatlichen Umfrage unter 199 Analysten und Anlegern mitteilte. Das Barometer verharrte aber deutlich unter seinem langfristigen Durchschnitt von plus 22,2 Punkten. Zudem wurde die aktuelle Lage spürbar schlechter eingeschätzt. "Der deutliche Anstieg zeigt, dass wichtige konjunkturelle Risiken weniger dramatisch eingeschätzt werden", erläuterte ZEW-Präsident Achim Wambach. "Die mögliche Verschiebung des Brexits und die wieder aufkeimende Hoffnung auf einen vertraglich geregelten Austritt Großbritanniens haben die Finanzmarktexperten offenbar optimistischer gestimmt."
"MAN WAR STEUERPOLITISCH ZIEMLICH SCHLÄFRIG"
Die Regierung sollte dem Sachverständigenrat zufolge nicht in Aktionismus verfallen, um die Wirtschaft kurzfristig anzukurbeln. "Ein Konjunkturprogramm ist hier nicht angezeigt", sagte Schmidt. Vielmehr müsse es langfristige Weichenstellungen wie eine Unternehmenssteuerreform geben. Der Essener Ökonom und sein Freiburger Kollege Lars Feld plädierten für die Komplett-Abschaffung des Soli. Feld warf der Bundesregierung zugleich Defizite vor: "Man war steuerpolitisch ziemlich schläfrig." Die Belastung der Unternehmen sei im Durchschnitt nach oben gegangen. Vor diesem Hintergrund gebe es Handlungsbedarf bei größeren Steuerarten - auch im Hinblick auf die Folgen für den Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb.
Das neue Gremiumsmitglied Achim Truger, der eher als gewerkschaftsnah gilt, schlug vor, Firmen gezielt zu entlasten - etwa über Forschungsförderung. Bei einem stärkeren Abschwung sollten auch Abschreibungsmöglichkeiten vereinfacht werden.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wurde 1963 per Gesetz eingerichtet, um die Politik zu beraten. Neben Schmidt gehören dem Gremium Feld, Schnabel, Truger und der Frankfurter Ökonom Volker Wieland an.
rtr