Vor allem der Einbruch der Türkei-Buchungen vermasselte den Veranstaltern das Geschäft. Wegen der Terroranschläge und der autokratischen Politik Erdogans nach dem gescheiterten Putsch reisten 40 Prozent weniger Deutsche in die Türkei. Stattdessen fuhren sie nach Spanien, Griechenland und Bulgarien. Für Spanien wurden Steigerungen von bis zu 30 Prozent registriert. Doch selbst der Mallorca- und Kanaren-Boom konnte die Einbrüche im Türkei-Geschäft nicht kompensieren.
Noch dramatischer ist die Lage der Airlines. Die Cook-Fluglinie Condor rutschte erstmals seit fünf Jahren wieder in die roten Zahlen. "Kaum eine Fluggesellschaft verdient derzeit Geld", hadert Condor-Chef Ralf Teckentrup. Deshalb gehen die defizitären Fluggesellschaften zunehmend Partnerschaften ein. Den Anfang machte Air Berlin. Die zweitgrößte deutsche Fluglinie gründete ein Joint Venture mit TUIfly und Etihad. Die übrig gebliebene Air Berlin könnte gänzlich von der Lufthansa geschluckt werden. Die Kranich-Airline gab Ende vergangener Woche bekannt, mehrere Flieger von Air Berlin mieten zu wollen. Laut Medien könnten die Langstreckenflugzeuge von Air Berlin ebenfalls von der Lufthansa übernommen werden. Ob diese Wendung auch die endgültige Wende für den Aktienkurs bringt, bleibt indes unklar. Wir stufen die hoch spekulative Alles-oder-nichts-Wette von "Verkaufen" auf "Beobachten" hoch.
Weitere Joint Ventures und Fusionen könnten folgen. "Die Konsolidierung in Europa wird weiter zunehmen mit überraschenden Partnerschaften", prophezeite Luftfahrtexperte Stephan Nagel von Prologis kürzlich auf dem Aviation Symposium. Denn in Europa haben die etablierten Airlines deutlich an Einfluss verloren. Die Lufthansa hat aktuell 13 Prozent Marktanteil, gefolgt von Ryanair (zwölf Prozent), IAG und Easyjet (je neun).
Als weiterer Übernahmekandidat gilt Condor. Zusätzlich zu Air Berlin hat die Lufthansa angeblich auch ein Auge auf ihre ehemalige Tochter geworfen, die seit 2009 komplett zu Thomas Cook gehört. Die neue Mutter dementiert zwar alle Verkaufsspekulationen. Aber angesichts der enttäuschenden Zahlen im abgelaufenen Quartal zeigte sich Cook-Chef Peter Fankhauser "offen für Partnerschaften".
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Ausgeplünderte Flughäfen
Die Airlines ächzen unter dem ruinösen Preiswettbewerb, angeheizt von der Konkurrenz aus dem Nahen Osten und Billiganbietern. Condor-Chef Teckentrup spricht von einem "unfairen Wettbewerb". Die Golf-Airlines würden subventioniert, Low-Cost-Flieger wie Ryanair hätten eine günstigere Kostenstruktur, weil sie Flughäfen "ausplündern". Für Ärger sorgte deshalb die Entscheidung von Fraport, Ryanair auf dem Frankfurter Flughafen zuzulassen. Der irische Billigflieger wird ab März von dort aus Urlaubsdestinationen in Spanien und Portugal anfliegen.
Die Billig-Airlines könnten künftig bei der Konsolidierung der Branche mitspielen. "Wir wollen Partnerschaften eingehen", verkündete Matthias Wenk, Marketing Operations Director von Ryanair, gegenüber BÖRSE ONLINE am Rande des Aviation Symposiums. Selbst mit der Lufthansa könne man zusammenarbeiten. "Wir sprechen mit jedem."
Auch den Reiseveranstaltern selbst droht neue Konkurrenz aus dem Billig-Airline-Sektor. Ryanair will ab dem kommenden Jahr Komplettreisen mit Hotel anbieten und zum "Amazon des Reisens" werden. "Wir starten Ryanair Holidays 2017", kündigte Marketingmanager Wenk an. "Die Kunden haben jahrelang zu viel für Pauschalreisen bezahlt." Damit könnte das Geschäft für Thomas Cook, TUI & Co noch schwieriger werden.
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Die Etablierten der Branche reagieren auf die wachsende Konkurrenz mit neuen Konzepten. Thomas Cook zum Beispiel hat im Sommer eine Strategieänderung beschlossen und konzentriert sich künftig auf Luxus. "Während Pauschalreisen stagnierten, ist der Premium- und Luxus-reisemarkt jährlich um sieben Prozent gewachsen", erklärt Deutschland-Chefin Berk. Das neue Label "Signatures" bietet künftig Urlaub nur in Vier- und Fünf-Sterne-Hotels an. Das Massengeschäft verbleibt unter der Marke Neckermann.
Der Aktie haben die Luxuspläne bislang wenig geholfen. Sie büßte 2016 gut 40 Prozent ein. Für etwas Entlastung sorgten die Ankündigung, erstmals seit Jahren wieder eine Dividende zu zahlen, und der positive Ausblick auf das Sommergeschäft. Berk sieht erste Erholungstendenzen bei den Türkei-Buchungen.
Etwas besser schlug sich TUI an der Börse. Die Aktien des führenden europäischen Reiseveranstalters verloren seit Jahresbeginn "nur" rund 20 Prozent.
Daher richten sich die Blicke nach New York, wo das Online-Hotelportal Trivago sein Börsendebüt gegeben hat, was auf die ganze Branche abstrahlen könnte. Der Kurs schloss am ersten Handelstag immerhin sechs Prozent über dem Ausgabepreis von elf Dollar.
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Tourismus auf einen Blick
Zyklisches Geschäft: Die zahlreichen Unruheherde weltweit haben das Tourismusgeschäft 2016 gehörig durcheinandergebracht. Im neuen Jahr sollen die Dinge besser laufen.
Reiseziele 2017: Was wird teurer, was billiger?
Die Reiseströme haben sich verändert. Viele Urlauber meiden die Türkei, Ägypten und Tunesien. Dafür florieren Klassiker wie Spanien, Italien oder auch Griechenland. Die Reiseveranstalter drehen daher nun an der Preisschraube.
- Mallorca: Urlaub auf ihrer Lieblings-insel wird für die Deutschen 2017 deutlich teurer. Thomas Cook (Neckermann) hebt die Preise um vier Prozent, TUI um drei Prozent an.
- Kanaren: Besonders happig sind die Preisanhebungen auch auf den Kanaren. Dort wird der Urlaub um 1,5 Prozent (TUI) bis sieben Prozent teurer (Thomas Cook).
- Griechenland: Für Griechenland--Reisen müssen Thomas-Cook-Urlauber künftig vier Prozent mehr zahlen. Für TUI-Reisende verteuert sich der Urlaub um ein Prozent.
- Porto Santo: Der neue Geheimtipp bei Pauschalreisen ist Porto Santo, eine kleine Insel bei Madeira. Die TUI und auch Thomas Cook bauen ihr Angebot kräftig aus.
- Türkei: Noch billiger wird künftig der Urlaub in der Türkei. Die TUI senkt die Preise um fünf Prozent, Thomas Cook gar um acht Prozent.