von Torsten von Bartenwerffer, Aquila Capital Quant Team
Um den Jahreswechsel dominieren in den Wirtschaftsmedien mehr oder weniger ernst zu nehmende Analysen und Prognosen. Besonderes Augenmerk beim jährlichen Blick in die Glaskugel liegt dabei auf den Zins- und Anleihemärkten. Sie gehören bekanntlich weltweit zu den größten Märkten für Anlageprodukte und beeinflussen direkt oder indirekt die Entwicklung fast aller Kapitalanlagen. Deswegen beschäftigen sich mit diesem Bereich besonders viele Analysten. Wenn deren Einschätzung allerdings falsch ist, kann das Investoren viel Geld kosten. Gerade die Frage, wie sich die Renditen wichtiger Benchmark-Anleihen wie beispielsweise der zehnjährigen US-Staatsanleihe entwickeln, ist für Investoren zentral. Umso wichtiger ist hier die Einschätzung von Experten.
Ein Blick auf die Prognosegüte der Vergangenheit zeigt allerdings, dass bei dieser Vorhersage besonders große Vorsicht geboten ist. So befragt etwa das "Wall Street Journal" halbjährlich gut 50 anerkannte Anlageexperten. Für Ende 2013 hatten die 50 Experten laut "Wall Street Journal" ein Jahr zuvor im Durchschnitt eine Rendite von 2,26 Prozent für die zehnjährigen US-Staatsanleihen erwartet. Tatsächlich stand diese jedoch zum Jahresschluss 2013 bei 3,03 Prozent. Nur ein einziges Analystenduo lag annähernd richtig. Ende 2013 schätzten die 50 Analysten im Durchschnitt, dass die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe Ende 2014 bei 3,47 Prozent liegen wird. Ob hier rückblickend eine bessere Prognosegüte zu erwarten ist, werden wir in wenigen Wochen wissen. Ende November rentierte die Anleihe bei 2,25 Prozent.
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Prognosen sind grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Zudem sind nicht nur Jahresendstände, sondern auch der Weg dorthin für einen Anlageerfolg maßgeblich. Die entscheidende Frage ist also, ob Anleger auch ohne Prognosen auf dem Anleihemarkt dauerhaft und relativ sicher Erträge generieren können. Zur Beantwortung bietet sich der Ansatz einer Investition nach risikoparitätischen Gesichtspunkten an. Die Funktionsweise ist einfach: Das Vermögen wird in verschiedene Anlageklassen investiert, die möglichst gering miteinander korrelieren. Dabei werden die unterschiedlichen Risiken der einzelnen Assets berücksichtigt. In Anlageklassen mit höherem Risiko fließt weniger Kapital als in diejenigen mit niedrigerem Risiko. Ziel ist es, dass jede Anlageklasse gleich viel zum Gesamtrisiko des Portfolios beiträgt.
Funktioniert der Grundgedanke der Gewichtung nach dem Risikobeitrag einzelner Anlageklassen aber auch nur innerhalb des großen Anleihemarktes? Die Antwort: Ja. Denn der Anleihemarkt selbst besteht aus vielen unterschiedlichen Teilmärkten wie zum Beispiel Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Schwellenländern und inflationsindexierten Anleihen. Die Entwicklung dieser Teilmärkte hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Daher können sich einzelne Segmente durchaus unterschiedlich entwickeln. Nach dem risikoparitätischen Ansatz wird in jene Unteranlageklassen investiert, die zueinander nur geringe Korrelationen aufweisen. Zudem kann über verschiedene Laufzeitensegmente angelegt und regional diversifiziert werden.
Anleger, die in einen nach risikoparitätischen Gesichtspunkten gemanagten Anleihefonds investieren, können die nun täglich in den Zeitungen geführten Diskussionen um die wahrscheinliche Richtung von Zinsentwicklungen und deren Ausmaß mit Gelassenheit verfolgen. Egal, wie sich die Zinsen entwickeln: Durch den risikoparitätischen Ansatz wird jeweils die an den Teilmärkten verfügbare Risikoprämie abgeschöpft, was insgesamt zu stabilen Erträgen führen sollte. Darüber hinaus können Risikomanagementsysteme in turbulenten Zeiten, wie im Jahr 2013, vor Verlusten schützen. Investoren, die nach dem risikoparitätischen Anleihekonzept anlegen, müssen sich um die Richtigkeit von Prognosen keine Gedanken machen, sondern können stattdessen eine hoffentlich besinnliche Vorweihnachtszeit genießen.
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Torsten von Bartenwerffer
Dr. Torsten von Bartenwerffer ist Head of Quant Strategies and Portfolio Management im Aquila Capital Quant Team. Bevor er zu Aquila Capital kam, war er bei IS Partners Investment Solutions in Zürich als Portfoliomanager und Quantitative Analyst tätig. Zuvor arbeitete er bei Clariden Leu und der UBS in Zürich. Von Bartenwerffer promovierte in Wirtschaftswissenschaften (Dr. oec. HSG) an der Universität St. Gallen.