Moll-Töne stimmte am Donnerstag auch EZB-Präsident Mario Draghi an: Er sei sich nicht sicher, ob es noch zu einer Lösung im Schuldendrama komme, sagte der Italiener der Tageszeitung "Il Sole 24 Ore". "Diesmal ist es wirklich schwierig." Nach Ansicht des estnischen EZB-Ratsmitglieds Ardo Hansson ist ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro ("Grexit") nicht auszuschließen. Mitglieder der griechischen Regierung rechnen indes mit einer baldigen Einigung. Die Euro-Partner warten allerdings noch auf konkrete Reformvorschläge aus Athen. An diesem Punkt waren die Verhandlungen in den vergangenen Monaten stets gescheitert.

Wegen der ergebnislosen Verhandlungen und der Furcht vor einem "Grexit" hatten immer mehr griechische Bank-Kunden ihre Spareinlagen abgezogen und die Hellas-Institute so an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Seit Anfang voriger Woche sind deshalb Kapitalverkehrskontrollen in Kraft. Griechen können am Geldautomaten höchstens 60 Euro täglich abheben. Auslandsüberweisungen sind gestoppt - Transfers muss die griechischen Notenbank genehmigen. Die Bankfilialen selbst bleiben bis mindestens Sonntag geschlossen.

Nach Ansicht von Bundesbank-Chef und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann sollten die Kapitalverkehrskontrollen so lange in Kraft bleiben, bis ein neues Hilfspaket von allen Seiten vereinbart ist. Die Liquiditätshilfen an die griechischen Geldhäuser sollten nicht erhöht werden.

Selbst wenn eine Einigung mit den internationalen Geldgebern erreicht ist, steht die griechische Bankenlandschaft nach Angaben von zwei Insidern vor einem radikalen Umbruch. Einer der Eingeweihten sagte, am Ende könnten von den vier großen Geldhäusern - National Bank of Greece, Eurobank, Piraeus und Alpha Bank - noch zwei bestehen bleiben.

Eine Restrukturierung der Branche würde wohl auf heftigen Widerstand bei der Regierung in Athen stoßen, denn neben Kosteneinsparungen wäre damit auch ein Abbau von Arbeitsplätzen verbunden. Einer der Insider sagte, falls ein Rettungspaket geschnürt werde, müsse sofort gehandelt werden. "Zypern könnte ein Vorbild sein." Im Zuge des Reformprogramms für den Inselstaat war eine der zwei großen Banken dort geschlossen worden.

Zur Abwendung eines endgültigen Finanzkollaps in Griechenland wird derzeit an einem dritten Hilfspaket gestrickt. Die Regierung in Athen hatte am Mittwoch einen Antrag beim Euro-Rettungsfonds ESM für ein Hilfsprogramm mit dreijähriger Laufzeit gestellt. In Brüssel wird nun eine detaillierte Liste mit Reformvorschlägen erwartet. Deren Umsetzung ist Voraussetzung für die Freigabe von kurz- und mittelfristigen Geldern.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hat zudem die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) gebeten, den griechischen ESM-Antrag zu prüfen. Die Institutionen sollen vor allem eine Analyse über die Tragfähigkeit der griechischen Schulden erstellen und erläutern, ob eine Gefahr für die Finanzstabilität der gesamten Euro-Zone vorliegt - beide Aspekte sind die rechtliche Voraussetzung dafür, dass der ESM Kredite bereitstellen kann. Auch der Bundestag muss der Aufnahme von Detailverhandlungen über ESM-Hilfen zustimmen. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte erneut eine Umstrukturierung der griechischen Schulden. Einen Schuldenerlass soll es nach dem Willen der Bundesregierung aber nicht geben. Deutschland ist Griechenlands größter Einzel-Gläubiger.

Am Sonntag ist die griechische Schuldenkrise Thema auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel. Dann könnten entweder Finanzhilfen auf den Weg gebracht oder Maßnahmen zur Absicherung der Euro-Zone gegen einen "Grexit" erörtert werden.

Reuters