Merkel mahnte, zunächst Trumps Amtseinführung an diesem Freitag abzuwarten. Nach Reuters-Informationen bemüht sie sich um einen Besuch bei Trump noch im Frühjahr.

Der Immobilien-Milliardär kritisierte in einem Interview mit "Bild" die Flüchtlingspolitik Merkels, Deutschland als Teil der EU und die deutschen Autobauer. "Ich finde, sie (Merkel) hat einen äußerst katastrophalen Fehler gemacht, und zwar all diese Illegalen ins Land zu lassen", sagte er, räumte aber auch ein, Merkel sei "eine großartige Anführerin". Er begrüßte den Brexit und sagte weitere Austritte aus der EU voraus. Die Nato bezeichnete er als "obsolet, weil sie sich nicht um den Terrorismus gekümmert hat".

MERKEL: ERST EINMAL AMTSEINFÜHRUNG ABWARTEN



"Meine Positionen zu transatlantischen Fragen sind bekannt", sagte Merkel lediglich zu den Äußerungen Trumps. "Ich persönlich warte jetzt erst einmal auf die Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten." Auf allen Ebenen solle mit Trump zusammengearbeitet werden. Merkel habe in ihrer Funktion als G20-Vorsitzende einen Besuch Trumps in den USA angeboten, hieß es in deutschen Regierungskreisen. Die Kanzlerin hatte mit Trump bisher nur einmal kurz nach dessen Wahl telefoniert. Auch die EU-Kommission hielt sich mit Bewertungen zurück: "Wir haben das Interview mit Interesse gelesen", sagte der Chefsprecher der Brüsseler Behörde, Margaritis Schinas, lediglich.

Im Gegensatz zu Merkel wies Außenminister Frank-Walter Steinmeier Trumps Äußerungen klar zurück. "Wir gehen davon aus, dass unser amerikanischer Partner sich auch weiterhin an die völkerrechtlichen Verpflichtungen und die WTO-Regeln hält", sagte Steinmeier mit Blick auf mögliche Strafzölle für deutsche Autobauer. Auch Wirtschaftsminister Gabriel warnte die USA vor einer Abschottung durch Strafsteuern. "Die amerikanische Autoindustrie wird dadurch schlechter, schwächer und teurer", sagte der SPD-Vorsitzende der "Bild". Die Kritik Trumps, es seien zu wenige US-Fahrzeuge in Deutschland zu sehen, entgegnete Gabriel mit den Worten: "Dafür müssen die USA bessere Autos bauen."

Trumps Aussagen verunsicherten auch Anleger. Dax und EuroStoxx50 gaben nach, auch der Euro verbilligte sich im Vergleich zum Dollar.

EU-WIRTSCHAFTSKOMMISSAR WARNT VOR SCHADEN FÜR BEZIEHUNGEN



EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici widersprach der Erwartung, die EU werde zerfallen. "Ich glaube, die Vorstellung, dass der Brexit ansteckend sein wird, ist reine Fantasie, eine schlechte Fantasie." Zugleich warnte er Trump, dieserart Bemerkungen schadeten den transatlantischen Beziehungen. Die EU müsse wachsam sein und gegebenenfalls reagieren, wenn sich eine bestimmte Stimmung bestätigen sollte, sagte Moscovici zu der Drohung Trumps, in Mexiko produzierte Auto deutscher Hersteller für den US-Markt mit hohen Einfuhrzöllen zu belegen.

"Mit seinen Äußerungen stellt Donald Trump sowohl die bestehende Handelsarchitektur als auch die bisherige Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit infrage", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Auch der Industrieverband BDI warnte Trump vor Importzöllen und Protektionismus. "Trump wird der eigenen Wirtschaft schaden, wenn er versucht, die Autobauer aus Mexiko zu drängen", merkte BDI-Präsident Dieter Kempf zu entsprechenden Drohungen Trumps an.

STEINMEIER: ABWARTEN WAS AUS NATO-KRITIK FOLGT



Sorgen löste auch die Kritik Trumps am Militärbündnis Nato aus, deren mit Abstand wichtigstes Mitglied die USA sind. Die Äußerung Trumps widerspreche dem, was der designierte US-Verteidigungsminister James Mattis bei seiner Anhörung vor dem US-Senat gesagt habe, sagte Steinmeier. "Wir müssen sehen, was daraus für die amerikanische Politik folgt."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen, sieht das Gefüge der transatlantischen Beziehungen in Gefahr. Trump drohe die gesamte US-Nachkriegspolitik zu zerstören, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Deutschland und Europa müssten offensiv dagegen ankämpfen. Er warnte aber davor, die gleiche Tonlage wie Trump anzuschlagen.

rtr