Die Aussicht auf eine allmähliche Abkehr von den Beschränkungen in der weltgrößten Volkswirtschaft gab den Börsen Auftrieb. In Japan stieg der Nikkei-Index um drei Prozent auf 19866 Punkte. Der Dax gewann zeitweise 3,2 Prozent 10.635 Punkte.

"Wir machen nicht alles auf einmal auf, sondern ein vorsichtiger Schritt nach dem anderen," sagte Trump bei seiner mit Spannung erwarteten Erklärung am Donnerstagabend. Einen exakten Zeitrahmen für das Hochfahren der Wirtschaft steckte er nicht ab. Vielmehr sollten die Vorschläge den Gouverneuren der US-Bundesstaaten als Leitfaden dienen. Sie könnten selbst entscheiden, wann sie Maßnahmen wieder aufheben sollten. Einige könnten früher, andere später damit beginnen.

Bei einer längeren Schließung drohe den USA allerdings großer wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und gesundheitlicher Schaden, sagte Trump. So könne der Drogen- und Alkoholmissbrauch steigen. Es dürfte auch mehr Selbstmorde und Herzkrankheiten geben. Aus Sicht von Fed-Mitglied Kashkari entspricht der Plan des Präsidenten den Ratschlägen der Gesundheitsexperten. "Natürlich wollen wir versuchen zu vermeiden, dass das Virus wieder aufflammt", sagte der Währungshüter. Es müsse verhindert werden, dass die erzielten Resultate wieder zurückfallen. "Und ich denke, dass eine stufenweise Vorgehensweise, über den Horizont betrachtet, Sinn macht."

Trump hatte sich in den vergangenen Tagen für eine schnelle Öffnung Amerikas - möglicherweise bereits ab dem 1. Mai - starkgemacht. Die bisherigen Richtlinien der Regierung gelten bis zum 30. April. Kritiker hatten allerdings vor zu frühen Schritten gewarnt. Wenige Stunden vor Trumps Ankündigung verlängerten die Gouverneure von sieben Bundesstaaten ihre jeweiligen Maßnahmen bis zum 15. Mai. Zehn Bundesstaaten kündigten an, ihre Maßnahmen miteinander zu koordinieren, ohne die Regierung in Washington einzubeziehen.

DREI PHASEN


Den Empfehlungen zufolge sollen in einem ersten Schritt zunächst große Einrichtungen wie Restaurants und Kinos öffnen, die einen genügenden Abstand zwischen den Kunden garantierten könnten. Bars sollen hingegen geschlossen bleiben. Ansammlungen von mehr als zehn Menschen sollten vermieden werden, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Krankenhäuser dürfen Operationen, die für die Einnahmen wichtig sind, wieder vornehmen und Fitnessstudios mit entsprechenden Verhaltensregeln wieder öffnen.

In Phase zwei können auch Schulen wieder öffnen und auch nicht unbedingt notwendige Reisen zugelassen werden. Bei entsprechenden Abstandsregeln dürften bis zu 50 Personen wieder zusammenkommen. In der dritten Phase können auch besonders gefährdete Menschen sich wieder in der Öffentlichkeit bewegen und alle Mitarbeiter an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Der Stufenplan soll von den jeweiligen Bundesstaaten eingeleitet werden, wenn die Zahl der Fälle zwei Wochen lang rückläufig gewesen sei.

STREIT ÜBER WEISUNGSBEFUGNIS


In den USA wird wie in anderen Ländern über einen geeigneten Zeitpunkt für eine Lockerung der Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie diskutiert. Der Veröffentlichung der neuen Richtlinien ging ein Streit zwischen Trump und den Gouverneuren über die Zuständigkeit voraus. Der Republikaner hatte zunächst erklärt, als Präsident habe er in diesem Fall absolute Weisungsbefugnis. Rechtsexperten und Gouverneure wiesen dies mit Hinweis auf das föderale System der USA zurück.

Die Pandemie fällt in den Wahlkampf vor den Präsidenten- und Kongresswahlen Anfang November. Die meisten der Bundesstaaten, die ohne den Bund vorgehen wollen, werden von Demokraten regiert. Die Auswirkungen der Seuche und haben dazu geführt, dass Millionen Amerikaner ihren Job verloren. Trump wollte im Wahlkampf eigentlich auf eine boomende US-Wirtschaft verweisen. Erschwert wird die Debatte über eine Lockerung dadurch, dass einige Teile der USA deutlich früher und härter von dem Virus getroffen wurden als andere. Einer Zählung der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sind bislang insgesamt mehr als 33.000 US-Bürger an Covid-19 gestorben, gemessen an den amtlichen Zahlen ist dies der höchste Wert weltweit. Die Zahl der bekannten Infektionen stieg am Donnerstag auf mehr als 665.000.

rtr