Die Inflation in der Türkei schießt immer weiter in die Höhe. Im Juli verteuerten sich Waren und Dienstleistungen binnen Jahresfrist um 79,6 Prozent, wie das türkische Statistikamt am Mittwoch mitteilte. Volkswirte hatten sogar eine noch höhere Rate von 80,5 Prozent erwartet. Die Teuerung ist damit so stark wie seit September 1998 nicht mehr, als sie 80,4 Prozent erreicht hatte. Hinter dem Inflationsschub steht unter anderem die anhaltende Abwertung der Landeswährung Lira, was die Importe verteuert. Dazu kommen steigende Öl- und Rohstoffpreise infolge des russischen Kriegs gegen die Ukraine.
Die Lira hatte im vergangenen Jahr im Vergleich zum Dollar 44 Prozent an Wert eingebüßt. Die Talfahrt geht auch in diesem Jahr mit einem Kursrutsch von inzwischen rund 27 Prozent weiter. Die Preise im türkischen Transportsektor, wozu auch Benzin gezählt wird, kletterten im Juli besonders kräftig um 119,11 Prozent. Lebensmittel und alkoholfreie Getränke verteuerten sich um 94,65 Prozent. Volkswirte rechnen laut der jüngsten Reuters-Umfrage damit, dass die Inflation bis zum Jahresende auf etwa 70 Prozent sinken wird. Dahinter stehen insbesondere statistische Effekte angesichts des Inflationsschubs im vergangenen Jahr.
Trotz der inzwischen höchsten Inflationsrate seit 24 Jahren hält die türkische Notenbank den Leitzins bislang in diesem Jahr stabil bei 14 Prozent. Eine solche Geldpolitik widerspricht den ökonomischen Lehrbüchern. Gestützt wird sie vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der sich selbst als Zinsfeind bezeichnet. Erdogan hat sich zum Ziel gesetzt, die türkische Wirtschaft mit niedrigen Zinsen anzuschieben. Eine Änderung dieser unorthodoxen Geldpolitik ist derzeit nicht in Sicht.
rtr