Lebensversicherte erhalten für 2022 so wenig Rendite wie nie zuvor. Nach Angaben der Ratingagentur Assekurata sank die sogenannte laufende Verzinsung im Durchschnitt auf 2,02 Prozent. Schon der Vorjahreswert von 2,10 Prozent hatte ein Allzeittief markiert.
Seit 2008 war fast in jedem Jahr ein Rückgang zu verzeichnen. Hintergrund: Die Kundengelder stecken zum größten Teil in festverzinslichen Anlagen. Die weltweiten Schrumpfzinsen lassen deren Renditen kontinuierlich fallen.
Allerdings ist der Absturz diesmal weniger dramatisch als in früheren Jahren, 2022 ging es lediglich um 0,08 Prozentpunkte nach unten. Ein Grund dafür ist eine leichte Entspannung am Rentenmarkt (der Minuszins für die richtungsweisende zehnjährige Bundesanleihe hat sich 2021 verringert), ein anderer die zunehmende Umschichtung der Versichererportfolios in renditeträchtigere Investments, etwa Aktien und Private Equity. So propagiert Marktführer Allianz, dass der Anteil "chancenorientierter Kapitalanlagen" in seinem Portfolio mittlerweile 50 Prozent betrage. Dies habe geholfen, die laufende Verzinsung diesmal konstant zu halten.
Ebenso wie die Allianz hat rund die Hälfte der Marktteilnehmer die laufende Verzinsung unverändert gelassen. Die andere Hälfte hat sie gesenkt, erhöht hat keiner. Am stärksten nach unten geht es 2022 bei Debeka und Signal Iduna (jeweils minus 0,35 Prozentpunkte). Absolut gesehen, ist am wenigsten zu holen bei Debeka (0,90 Prozent). Am meisten gibt es bei Ideal, Athora (ehemals Delta-Lloyd und Hamburger) und Entis (ehemals Mannheimer) mit jeweils drei Prozent.
Bei den zehn größten Anbietern liegen die AXA und ihre Töchter DBV und Deutsche Ärzteversicherung mit jeweils 2,60 Prozent ganz vorn. Allerdings ist das nur begrenzt mit der Konkurrenz vergleichbar, denn der Konzern rechnet auf eine Weise, die zwar legal, aber besonders vorteilhaft für ihn selbst ist.
Wichtig zu wissen: Die laufende Verzinsung ist garantiert, sobald sie für ein bestimmtes Jahr festgelegt ist. Das ist für 2022 jetzt schon der Fall. Es kommen unverbindliche Zusagen hinzu, alles zusammen heißt Überschussbeteiligung. Die Prozentsätze beziehen sich auf Verträge, deren gesetzlicher Garantiezins unterhalb der laufenden Verzinsung liegt.
Alte Verträge mit hohen Garantien bekommen nach wie vor bis zu vier Prozent zugewiesen. Alle Zahlen beziehen sich auf den sogenannten Sparanteil, also Einzahlungen minus Kosten. Auf die gesamten Einzahlungen gerechnet liegt die Rendite also niedriger. Gut 50 Millionen Kapitallebens- und private Rentenpolicen gibt es, und für fast alle ist die laufende Verzinsung relevant.
Weil es immer schwieriger ist, die Garantien zu erwirtschaften, sind die meisten Akteure aus dem Neugeschäft mit klassischen Policen mit Garantiezins ausgestiegen. Wer noch dabei ist, will oft mit relativ hohen Ausschüttungen punkten. So ist laut Assekurata der Durchschnittswert für neue Policen erstmals seit 2008 gestiegen - von 2,13 auf 2,15 Prozent.