Wir können nicht ausschließen, dass wir hierzulande ebenfalls mehr Patienten als Beatmungsplätze haben. Ob es so kommt, ist Spekulation." Die Bundeswehr wollte im Laufe des Tages weitere Corona-Patienten nach Deutschland ausfliegen, dieses Mal aus dem elsässischen Straßburg nach Ulm. In Großbritannien bereitete Premierminister Boris Johnson seine Landsleute auf schwere Zeiten vor. "Wir wissen, dass die Lage sich verschlechtern wird ehe es wieder besser wird", warnte er. US-Präsident Donald Trump verwarf indes Erwägungen, die stark betroffene Metropole New York abzuriegeln. "Eine Quarantäne wird nicht nötig sein", schrieb er. Es werde aber eine Reisewarnung für den Großraum New York geben.
RKI-Chef Wieler mahnte ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Geduld. Beide reagierten damit auf die bereits laufende Debatte über eine Aufhebung der Beschränkungen. Frühestens nach Ostern sei zu beurteilen, wie die Maßnahmen wirkten, sagte Wieler. "Im optimalen Fall sind die Krankenhäuser bis Ostern auf die maximale Kapazität hochgefahren, und die Maßnahmen bewirken, dass die Kurve abflacht. Da gibt es aber viele Unbekannte", sagte er. "Aus medizinischer Sicht möchte ich, dass wir alle die räumliche Distanzierung möglichst lange durchhalten. Wir stehen immer noch am Anfang der Welle, und ich kann nur alle auffordern, die Pandemie sehr ernst zu nehmen."
Er blende aber auch nicht aus, dass die Einschränkungen schwere Auswirkungen auf die Wirtschaft und das soziale Leben hätten. Wie die Maßnahmen wieder zurückgenommen würden, sei eine Entscheidung der Politik. "Neben medizinischen und epidemiologischen Aspekten werden auch ökonomische und kulturelle Aspekte berücksichtigt werden", sagte Wieler. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts sind in Deutschland 52.547 Coronavirus-Fälle registriert, 3.965 mehr als am Vortag, wie das Institut mitteilte. Die Zahl der Todesfälle erhöhte sich demnach um 64 auf 389.
SCHOLZ GEGEN WIRTSCHAFTLICH MOTIVIERTE LOCKERUNG
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet mahnte, schon jetzt seien Überlegungen für einen Ausstieg aus den Beschränkungen im öffentlichen Leben nötig. "Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-Strategie nachzudenken, ist falsch", schrieb der CDU-Vizechef in der "Welt am Sonntag". Er stellte sich damit gegen die Kritik unter anderem von Merkel, die eine Diskussion über ein Ende der Kontaktverbote für verfrüht hält. Kanzleramtsminister Helge Braun erklärte, er sehe bis zum 20. April keine Lockerungen der bisher ergriffenen Maßnahmen. Finanzminister Olaf Scholz lehnte eine wirtschaftlich motivierte Lockerung der Maßnahmen ab. "Ich wende mich gegen jede dieser zynischen Erwägungen, dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen muss, damit die Wirtschaft läuft", sagte er der "Bild am Sonntag".
GOUVERNEUR CUOMO - ABRIEGELUNG NEW YORKS WÄRE NICHT MACHBAR
Der britische Premierminister Johnson wandte sich in einem Schreiben an die 30 Millionen Haushalte in seinem Land. "In dieser Zeit des nationalen Notstands appelliere ich dringend an Sie: Bitte, bleiben Sie zu Hause, schützen Sie den (nationalen Gesundheitsdienst) NHS und retten Sie Leben", erklärte der Politiker, der selbst mit dem Virus infiziert und deshalb in Selbstisolation ist. Großbritannien hat 17.089 Infektionen mit dem Coronavirus und 1019 Tote gemeldet. Der Höhepunkt der Epidemie wird in dem Land in wenigen Wochen erwartet.
In den USA verzichtet Präsident Trump auf eine Abriegelung New Yorks. Die Behörde für Seuchenkontrolle erklärte kurz darauf, die Bewohner der Bundesstaaten New York, New Jersey und Connecticut sollten in den kommenden 14 Tagen auf nicht zwingend notwendige Reisen in den USA verzichten. Davon ausgenommen seien unter anderem Lkw-Fahrer, Angestellte der Lebensmittel- und Finanzbranche sowie Mitarbeiter öffentlicher Kliniken.
New York ist der Brennpunkt der Corona-Epidemie in den USA, wo mit zuletzt mehr als 122.000 Fällen so viele Infektionen registriert wurden wie in keinem anderen Land. Die Zahl der Todesfälle stieg kurz vor Trumps Ankündigung auf mehr als 2000. Der Präsident selbst hatte zuvor ins Gespräch gebracht, dass die dicht besiedelte und wirtschaftsstarke Region rund um New York komplett abgeriegelt werden könnte. Kritiker wie der Gouverneur des Bundesstaats New York, Andrew Cuomo, sagten, die Pläne seien nicht umsetzbar.
rtr