Zugleich diskutiere die Notenbank auch intensiv darüber, ihr Versprechen niedriger Zinsen für lange Zeit "noch fester zu machen", meint Fed-Beobachter Bernd Weidensteiner von der Commerzbank.
Seiner Ansicht nach könnte Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz nach der Sitzung bereits erste Fingerzeige in diese Richtung geben. Ansonsten sei Kontinuität angesagt: Der Leitzins dürfte demnach in der Spanne von null bis 0,25 Prozent bleiben. Und auch das monatliche Volumen der Ankäufe von Staatsanleihen (80 Milliarden Dollar) und MBS-Hypothekenpapieren(40 Milliarden Dollar) werde wohl beibehalten. Die "mit viel Fanfare aus der Taufe gehobenen Notkreditprogramme der Fed" dürften laut Weidensteiner hingegen weiterhin nicht auf große Nachfrage stoßen.
Die Fed erweitert allerdings den Zugang zu ihren Kreditprogrammen. Es können sich nicht mehr nur Finanzinstitute mit frischem Geld eindecken, sondern auch sogenannte Broker-Dealer, die Wertpapiere entweder auf eigene Rechnung oder im Auftrag von Kunden kaufen oder verkaufen. Das könnte dazu beitragen, Firmen zu erreichen, die sonst keinen Zugang zu benötigten Krediten haben.
Der Tiefpunkt der Corona-Krise gilt zwar als durchschritten. Die Zukunft der US-Wirtschaft ist nach Einschätzung von Fed-Chef Powell angesichts der weiter wütenden Pandemie aber äußerst schwer absehbar. Als sich die Fed-Führungsebene zuletzt im Juni traf, lag die Zahl der täglichen Neuinfektionen noch bei unter 20.000. Nun steuert sie auf die Marke von 70.000 zu. "Angesichts des in Teilen des Landes inzwischen außer Kontrolle geratenen Coronavirus wachsen die Zweifel an einer nachhaltigen Erholung der US-Wirtschaft", so Ökonom Ulf Krauss von der Helaba. Dies dürfte auch die US-Währungshüter beunruhigen, zumal ihre Wirtschaftsprognosen für das zweite Halbjahr im Basis-Szenario auf einer Eindämmung der Epidemie in den USA fußen. Die Virus-Welle werde auf dem Fed-Treffen für schlechte Stimmung sorgen, meint Chefökonom Karim Basta vom Anlageberatungshaus III Capital Management.
LANGER SCHATTEN
Es wird immer deutlicher, dass die Folgen der Pandemie einen langen Schatten auf die Wirtschaft werfen. In einer Ökonomen-Befragung der Nachrichtenagentur Reuters sagen fast zwei Drittel der rund 60 Teilnehmer, dass es zwei oder mehr Jahre dauern wird, bis das Vorkrisen-Niveau wieder erreicht ist. Fast 60 Prozent der Teilnehmer sehen zudem eine hohe oder sogar sehr hohe Gefahr, dass sich die Erholung am US-Arbeitsmarkt gegen Ende des Jahres umkehrt. Dahinter steht die Befürchtung, dass es im Herbst oder frühen Winter zu einer neuen Corona-Infektionswelle in den USA kommen könnte. "Es ist nicht sicher, dass es dazu kommt. Aber wenn doch, dürfte es die Wirtschaft treffen und uns ein negatives viertes Quartal einbrocken", warnte Ökonom Daniel Bachman vom Finanzberatungshaus Deloitte.
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Und es gibt bereits erste Anzeichen dafür, dass die Neuinfektionswelle die Erholung am Jobmarkt belastet: Die Zahl der wöchentlichen Anträge auf staatliche Arbeitslosenhilfe stieg erstmals seit fast vier Monaten wieder. "Wir sind noch nicht über den Berg. Die Wirtschaft läuft noch nicht normal", gibt Ökonom Bob Doll vom US-Vermögensverwalter Nuveen zu bedenken. Deshalb sei die Fed willens und in der Lage, alles Notwendige zu tun: "Aber dafür gibt es natürlich kein Regiebuch."
rtr