Zum Jahresbeginn waren die Finanzmärkte wegen der starken Konjunkturabkühlung in China und des Verfalls der Ölpreise in Aufruhr. Aber auch jetzt gingen von der Weltwirtschaft und den Kapitalmärkten Risiken aus, warnte Yellen. Sie rudert bei ihren Plänen zur Straffung der Zinsen just zu einem Zeitpunkt zurück, an dem andernorts geldpolitisch aus allen Rohren gefeuert wird. So hat EZB-Chef Mario Draghi zuletzt den Strafzins für Banken in der Euro-Zone verschärft, wenn diese Gelder über Nacht bei der Notenbank parken. Zudem wird das in Deutschland umstrittene Anleihen-Kaufprogramm ausgeweitet und um Firmenanleihen ergänzt. Auch in Japan, das den USA ebenfalls konjunkturell hinterherhinkt, sind Zinserhöhungen kein Thema.
"SEHR STARKER DOLLAR"
Durch die zunehmend lockere Geldpolitik in Frankfurt und Tokio hat die US-Währung im Verhältnis zum Euro und zum Yen zuletzt die Muskeln spielen lassen, was den US-Exporteuren beim Verkauf ihrer Güter auf den Auslandsmärkten das Leben schwermacht. Der "sehr starke Dollar" dämpft nach Ansicht von DIW-Chef Marcel Fratzscher die Bereitschaft der Notenbanker, kräftiger an der Zinsschraube zu drehen. Nach der geldpolitischen Entscheidung in Washington machte aber nun der Euro einen Sprung nach oben: Er legte um ein Prozent auf über 1,12 Dollar zu. Auch die Wall Street zeigte sich von der Aussicht auf langsamer steigende Zinsen angetan und drehte nach dem Beschluss ins Plus.
Die US-Notenbanker sehen die heimische Wirtschaft noch immer als anfällig für Störfeuer von außen. In China war die Wirtschaft 2015 so langsam gewachsen wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Und der Preisverfall beim Öl setzt viele Firmen der Branche massiv unter Druck. Yellen sagte, sie erwarte ein leicht schwächeres Wachstum der Weltwirtschaft. Auch nach der jüngsten Stabilisierung rechne sie nicht damit, dass die Ölpreise auf das frühere Niveau zurückkehren werden.
Angesichts dieser Risiken ist für die US-Währungshüter die Zeit noch nicht reif für eine weitere Zinserhöhung: Mit Esther George von der Fed aus Kansas City votierte nur ein Mitglied des Offenmarktausschusses für eine Straffung. Manche Experten hatten darauf gesetzt, dass die Fed ein Signal für eine baldige Erhöhung geben würde - wie sie es vor der Wende im Dezember getan hatte, als die Zinsen erstmals seit fast zehn Jahren wieder stiegen. Damals hatte die Fed die momentanen Risiken als "fast ausgeglichen" bezeichnet. Jetzt verzichtete die Zentralbank aber auf eine Bewertung der Gefahren.
Dennoch ist eine Anhebung bereits im April nicht vom Tisch, wie Yellen betonte. "Das ist eine reguläre Sitzung." Ökonom Harm Bandholz von der Großbank UniCredit rechnet jedoch damit, dass es erst im Juni soweit sein wird und die Fed doch stärker nachlegen wird als derzeit signalisiert: "Nach dem Juni hätte sie noch jede Menge Zeit, zwei weitere Schritte in diesem Jahr folgen zu lassen."
Die US-Notenbank soll Vollbeschäftigung fördern und für stabile Preise sorgen. Die erste Aufgabe gilt mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 4,9 Prozent als weitgehend abgehakt. Die Inflation nähert sich zumindest dem von der Zentralbank angestrebten Wert von 2,0 Prozent. Doch die Fed will zunächst abwarten, ob sich der Trend verfestigt. Sie hat neben der Inflationsrate auch die Lohnentwicklung genau im Auge. Das Kalkül dahinter: Mit anziehenden Gehältern könnten die Preise stärker steigen, da die Amerikaner mehr Geld für den Konsum in der Tasche haben. Doch hier hapert es noch: Die Stundenlöhne sanken im Februar überraschend sogar zum Vormonat. "Es muss sich noch zeigen, ob das Wachstum bei den Löhnen nachhaltig ist", sagte die Fed-Präsidentin.
Reuters