EZB-Chef Mario Draghi versicherte, die immer niedrigere Inflation in der Euro-Zone falls nötig mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln anzuheizen. Er war zuvor von einem Fed-Mitglied ungewöhnlich scharf kritisiert worden: Er müsse mehr tun, damit die zuletzt stagnierende Wirtschaft in der Euro-Zone wieder wächst.

In der Vergangenheit hat die Federal Reserve (Fed) auf dem traditionsreichen Treffen in Jackson Hole immer wieder wichtige Weichenstellungen vorgenommen. So signalisierte zum Beispiel der frühere Fed-Chef Ben Bernanke 2010, bald kräftige Geldspritzen zur Stärkung der Wirtschaft einzusetzen. Die von Yellen fortgesetzte Politik ruft mittlerweile aber zusehends Kritiker auf den Plan. Sie befürchten, dass durch die Geldschwemme Exzesse an den Märkten drohen und die Inflation mittelfristig zu stark steigt. Die Notenbank hat ihre Bilanz durch zahlreiche Stützungsmaßnahmen nach der Weltfinanzkrise auf mehr als 4,5 Billionen Dollar aufgebläht. Im Herbst sollen die letzten milliardenschweren Geldspritzen auslaufen.

Yellen verzichtete darauf, die Wende zu wieder höheren Zinsen konkret zu skizzieren. Ihr macht noch immer der Jobmarkt Sorgen. Die Arbeitslosenquote in den USA ist zwar auf 6,2 Prozent gefallen - damit aber noch nicht im Bereich der angestrebten Vollbeschäftigung. Am Markt wird daher erst für Mitte 2015 mit einer Zinserhöhung gerechnet. Die Fed hält den Schlüsselzins seit Ende 2008 auf dem historisch niedrigen Niveau von null bis 0,25 Prozent.

Die meisten Notenbanker wollen mit einer Anhebung noch warten, bis sich der Aufschwung weiter festigt. Aber es wurden in Wyoming auch andere Stimmen laut: Die im Zinsausschuss nicht stimmberechtigte Chefin der Fed-Filiale von Kansas City, Esther George, plädiert offen für höhere Zinsen. Sie mahnte, nicht zu spät zu reagieren. Das Ziel der Vollbeschäftigung sei nah und das Preisniveau stabil. Der Chef der Fed von Atlanta, Dennis Lockhart, sagte in einem Reuters-Interview, der zuständige Offenmarktausschuss müsse bei einer seiner nächsten Treffen mehr Klarheit zum Zeitplan schaffen.

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DRAGHI MUSS SICH KRITIK GEFALLEN LASSEN

Die Wachstumsschwäche in Europa wird in den USA zunehmend als Risiko für die Weltwirtschaft gesehen. Fed-Mitglied James Bullard kritisierte, die EZB müsse auf das Warnsignal der anhaltend niedrigen Inflation reagieren und sich entschiedener gegen eine Rezession stemmen. Derart deutliche Worte sind selten in der Welt der Notenbanker. Draghi räumte ein, dass ein weiterer Rückgang der Inflation Risiken für die Preisstabilität mit sich bringe. Darauf werde die Europäische Zentralbank (EZB) aber antworten. Die geringe Teuerung sei eher auf temporäre Faktoren zurückzuführen. Der Italiener nannte etwa die Energiepreise und die Ukraine-Krise als Gründe.

Die Inflationsrate in den 18 Euro-Ländern war im Juli auf 0,4 Prozent gefallen und lag damit deutlich unter dem EZB-Ziel von knapp zwei Prozent. Für den August erwarten Analysten sogar nur 0,3 Prozent. Auf breiter Front fallende Preise können eine Wirtschaft auf viele Jahre lähmen. Verbraucher konsumieren dann weniger, weil sie mit noch niedrigeren Preisen in der Zukunft rechnen. Unternehmen schieben Investitionen auf die lange Bank.

Japan kämpft zum Beispiel seit 20 Jahren immer wieder gegen eine solche Deflation. Der Chef der dortigen Notenbank, Haruhiko Kuroda, sagte in Jackson Hole, er werde den aggressiven Kurs mit den milliardenschweren Geldspritzen noch einige Zeit fortführen müssen. Die Maßnahmen zeigten bereits Wirkung. Die Öffentlichkeit sei allerdings noch nicht endgültig überzeugt, dass eine Inflation von zwei Prozent erreicht werden könne, die am besten für das Wirtschaftswachstum ist. Erst wenn sich dies ändere, würden die Unternehmen die Löhne wieder anheben und die Deflation könne besiegt werden.

Draghi betonte, zunächst abwarten zu wollen. Er sei zuversichtlich, dass die von der EZB im Sommer in Aussicht gestellten zusätzlichen Geldspritzen für eine stärkere Kreditvergabe der Banken sorgen würden. Zudem werde sich der Euro -Wechselkurs positiv auswirken. Dieser liegt gegenüber dem Dollar derzeit auf dem niedrigsten Stand seit September 2013. Die EZB sei bei Bedarf zu weiteren - auch unkonventionellen Maßnahmen - bereit. Auf Forderungen von einigen Politikern und Ökonomen nach massiven Wertpapierkäufen ging der EZB-Chef jedoch nicht ein.

Reuters