NYU-Finanzprofessor Aswath Damodaran sieht die Rally der vergangenen Monate kritisch. Besonders die Mag 7 hätten zu hohe Bewertungsniveaus erreicht.
Stehen die Märkte nach dem harten Abverkauf vom vergangenen Freitag vor der ersten größeren Bewährungsprobe seit Monaten? Für Aswath Damodaran, Professor an der NYU Stern School of Business und international renommierter Bewertungsexperte, könnte die Zeit eines Realitätchecks gekommen sein.
Den Verlauf des bisheriges Börsenjahres 2025 beurteilt der "Dean of Valuation" zweigeteilt. „In der ersten Jahreshälfte preiste der Markt ein, dass sich die Lage deutlich verschlechtern würde. In den letzten drei Monaten dagegen wurde das Gegenteil angenommen“, erklärt Damodaran in einem Interview mit CNBC. Die Wahrheit liege vermutlich in der Mitte. Die kommenden zwei bis drei Monate würden zeigen, auf welchem Niveau sich ein „steady state“ tatsächlich einpendelt.
Magnificent Seven und das Bewertungsdilemma
Der viel zitierte Finanzprofessor sieht unterdessen Anzeichen einer Überdehnung: „Die Rallye der letzten Monate war zu sehr auf das Beste aller Szenarien ausgerichtet.“ Besonders die „Magnificent Seven“ hätten nicht nur binnen kurzer Zeit Billionenverluste im Börsenwert nach den Zoll-Turbulenzen wettgemacht, sondern in der Folge tatsächlich Billionen Dollar an Marktkapitalisierung hinzugefügt – eine Dynamik, die sich fundamental kaum rechtfertigen lasse.
Damodaran erinnert daran, dass die meiste Big-Tech-Schwergewichte bis Anfang April rund 20 Prozent ihres Wertes verloren hatten, nur um anschließend in Rekordgeschwindigkeit neue Höchstmarken zu erreichen. „Diese Unternehmen sind großartig, aber nicht so großartig, wie es die aktuellen Bewertungen nahelegen“, so das klare Urteil des Professors. Weder die gesamtwirtschaftliche Lage noch die Gewinn- und Cashflow-Perspektiven gäben Anlass, eine derartige Kapitalisierung auf Dauer für realistisch zu halten.
Nvidia als Extrembeispiel
Besonders deutlich wird die Bewertungsfrage laut Damodaran bei Nvidia. Der Chipkonzern wird nach der jüngsten Rallye mit dem Rekordwert von 4,4 Billionen Dollar bewertet. Für 2026 rechnen Analysten mit rund 250 Milliarden Dollar Umsatz, wovon etwa die Hälfte als Gewinn verbleiben soll – ein in der Wirtschaftsgeschichte fast beispielloser Wert. „Wir sprechen hier nicht nur von einer Prämie, sondern von einer Superprämie“, so Damodaran.
Er räumt ein, dass Nvidia ein außergewöhnliches Unternehmen mit einem starken CEO sei. Doch die aktuellen Marktpreise spiegelten extreme Erwartungen wider, die sich bei einer Normalisierung des Umfelds schnell relativieren könnten.
Große Bewährungsprobe in den kommenden zwei, drei Monaten
Gleichzeitig sei die US-Wirtschaft robuster, als viele noch im Frühjahr befürchteten – aber eben auch nicht so stark, wie es die jüngste Euphorie vermuten lasse. Die Märkte würden daher in den kommenden Monaten sensibel auf jede neue Konjunkturmeldung reagieren und zwischen Optimismus und Pessimismus schwanken.
Die kommenden zwei bis drei Monate werden laut Damodaran also entscheidend sein. Sie dürften zeigen, ob die Börsenrallye der letzten Monate auf einem soliden Fundament steht – oder ob die Realität die Euphorie einholt.
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