Spannendes geschieht in Ungarn: Während die Berichterstattung über das Land in den deutschen Medien eher negativ geprägt ist, hat der lokale Aktienmarkt zuletzt eine massive Rally hingelegt. Allein seit Mitte Januar ist der Leitindex BUX um 44 Prozent gestiegen.

In einem so kurzen Zeitraum ist das für jede Börse eine außergewöhnliche Bilanz. Erst recht gilt das aber für den Budapester Aktienmarkt, denn der war lange sehr verschlafen. So bewegte sich der BUX rund dreieinhalb Jahre in einer Bandbreite von 15 000 bis 20 000 Punkten und damit auf einem Niveau, das erstmals bereits 2005 erreicht worden war. Der lokale Aktienmarkt darf dabei getrost als Profiteur der Geldpolitik bezeichnet werden. Denn wie andere europäische Börsen wird er beflügelt von den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB). Zudem hat auch die heimische Notenbank, begünstigt von einem deflationären Umfeld (die Inflationsrate war im März negativ), einen Zinssenkungszyklus eingeschlagen. Erst am 21. April wurde der Leitzins um weitere 15 Basispunkte auf ein neues Rekordtief von 1,8 Prozent gesenkt.

Trotz dieser Vorgaben gleicht der BUXAnstieg dennoch einem Husarenritt. Schließlich ist keine andere Börse in Zentralosteuropa zuletzt ähnlich draufgängerisch nach oben gestürmt.



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Geldpolitik macht Kurse

Das zügellose Kursverhalten unterstreicht aber wieder einmal, wie wichtig die Geldpolitik für die Entwicklung an einer Börse ist. Für die Kursfindung ist diese jedenfalls weitaus bedeutsamer als die Politik an sich. Denn vom Ausland wird die von Premierminister Viktor Orbán betriebene "unorthodoxe" Wirtschafts- und Finanzpolitik nach wie vor ebenso skeptisch beäugt wie seine Annäherungsversuche an Wladimir Putin in einer Zeit, in der die EU gegen Russland mit Sanktionen vorgeht. Trotz der ehemals auf eine breite Mehrheit gestützten Wahl ist die Regierungspartei auch bei den Ungarn selbst längst nicht mehr unumstritten. Die für Banken, Energie- und Telekomfirmen eingeführten Sondersteuern werden zwar noch toleriert, zumal sie vor allem Sektoren treffen, die von ausländischen Unternehmen dominiert werden. Doch mit Demonstrationen lehnen sich die Ungarn gegen die zunehmende Korruption auf.

Betroffen davon ist nicht nur die Verwendung von EU-Geldern. Die Missstände kamen jüngst auch bei der Pleite des Wertpapier- Handelshauses Quaestor zum Vorschein. Der als regierungsnah geltende Broker hatte fiktive Anleihen im Gegenwert von 150 Milliarden Forint aufgelegt. Ein Hilfsfonds soll nun die Betroffenen entschädigen. Ein solches Umfeld begünstigt Extremismus, wie die Wahlerfolge der rechtsextremen Jobbik-Partei belegen.

Trotz alledem läuft es volkswirtschaftlich gesehen derzeit nicht einmal schlecht. Nach einem Wachstum von starken 3,6 Prozent im Vorjahr rechnet die Bank Austria in diesem und im kommenden Jahr mit einem Plus von 2,6 Prozent und 2,4 Prozent. Auch gibt es für 2016 Hoffnungen auf eine Rückeroberung des Investment- Grade-Status. Allerdings bleibt abzuwarten, ob es tatsächlich gelingt, bei der Haushaltskonsolidierung weitere Fortschritte zu erzielen.

Derzeit ist Ungarn aber, wie Gunter Deuber, Analyst der Raiffeisenbank International, es formuliert, der Anlegerliebling in Zentralosteuropa, was auch in Portfoliozuflüssen zum Ausdruck kommt. Von diesem Trend könnte der lokale Aktienmarkt durchaus weiter profitieren. Nach dem starken Anstieg müssen Anleger zumindest temporäre Rückschläge zwar jederzeit einkalkulieren, die Bewertung sollte aber noch Luft nach oben lassen. Zumindest dann, wenn sich die für 2016 erhofften deutlichen Gewinnsteigerungen einstellen. Laut dem Broker Wood & Co würde das für 2015 auf 14,5 taxierte KGV dann auf 11,6 sinken.

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Forint sorgt für Unsicherheit

Wer das interessant findet, für den kommt als Investment das von der UBS emittierte BUX-Open-End-Indexzertifikat infrage. Bei diesem währungsungesicherten Produkt ist aber zu beachten, dass sich die Landeswährung Forint oft schwankungsfreudig zum Euro zeigt. Das birgt in Aufwertungsphasen wie aktuell Chancen auf zusätzliche Devisenkursgewinne, aber auch Risiken, wenn der Forint wie während der Kreditkrise deutlich abwertet. Der schwer zu kalkulierende Währungseinfluss ist natürlich auch bei Einzelinvestments zu beachten. Hier kommt noch hinzu, dass kaum Ungarn-Aktien in ausreichender Stückzahl an deutschen Börsen gehandelt werden und der Budapester Kurszettel allgemein nicht sehr lang ist. So vereinnahmen mit dem Öl- und Gaskonzern MOL, dem Pharmaunternehmen Richter Gedeon und der Bank OTP drei Titel rund 75 Prozent der BUX-Marktkapitalisierung auf sich.

Die Bank profitiert von dem geringer werdenden Wettbewerb, bei Richter Gedeon ruhen die Hoffnungen auf einem gut laufenden US-Geschäft. Die in den Bereichen Dokumentensicherheit, Bank und andere Zahlungsverkehrsarten oder Produktidentifikation tätige Sicherheitsdruckerei ANY glänzt mit einer Dividendenrendite von 5,7 Prozent. Und der Nutzfahrzeughersteller Rába überzeugt mit einem einstelligen KGV.

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