Vor allem Stadler hatte sich Insidern zufolge einer solchen Empfehlung nicht sicher sein können. Der Kontrollrat wies ausdrücklich darauf hin, dass mit der Entlastung kein Verzicht auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen einzelne Personen verbunden sei. Vorstand und Aufsichtsrat sprachen sich zudem dafür aus, allen Mitgliedern des Kontrollrats die Entlastung zu erteilen.

Die Empfehlung fußt den Angaben zufolge auf einer umfassenden rechtlichen Prüfung durch die Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die im Auftrag von Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch arbeitet. Grundlage von deren Einschätzung seien die Untersuchungsergebnisse der US-Kanzlei Jones Day. Der Aufsichtsrat prüft bereits seit Bekanntwerden der Dieselaffäre, ob er verpflichtet ist, Schadensersatzansprüche gegen einzelne Vorstandsmitglieder geltend zu machen. Diese Prüfung dauere an, teilte Volkswagen mit.

Das Votum für eine Entlastung gilt unter Juristen als "zahnloser Tiger". Denn auch wenn die Hauptversammlung gegen ein Vorstandsmitglied stimmt, hat dies rechtlich keine unmittelbaren Konsequenzen. Mit der Entscheidung wird im Wesentlichen die Geschäftsführung im abgelaufenen Jahr gebilligt. Zudem sprechen die Anteilseigner der Verwaltung ihres Unternehmens das Vertrauen aus. Vor späteren Schadensersatzforderungen ist das Management damit nicht geschützt.

STADLER KÄMPFT MIT GEGENWIND



Stadler wird seit längerem intern zur Last gelegt, dass er bei der Aufklärung der Abgasmanipulation keine glückliche Figur abgegeben hat. Der 54-Jährige hatte deshalb schon mehrfach mit Gegenwind zu kämpfen. Zuletzt waren in einem Rechtsstreit neue Vorwürfe gegen ihn laut geworden. Vor dem Amtsgericht Heilbronn läuft der Prozess eines ehemaligen Audi-Entwicklungsingenieurs, der gegen seine Entlassung im Zusammenhang mit dem Dieselskandal klagt und Stadler beschuldigt. Eine Razzia der Münchner Staatsanwaltschaft im Zuge der Ermittlungen in der Dieselaffäre bei Audi hatte Mitte März für weitere Unruhe gesorgt. Im Aufsichtsrat hatte es Insidern zufolge Uneinigkeit gegeben, ob Stadler entlastet werden solle.

Der Abgasbetrug bei Volkswagen war im September 2015 durch die US-Umweltbehörden öffentlich gemacht worden. Später wurde bekannt, dass auch Audi geschummelt hat. Stadler ist seit 2007 Chef der VW-Tochter Audi.