Fast jeder schaut gern zu, wenn zwei Prominente sich duellieren. Da machen die Menschen aus der Finanzbranche keine Ausnahme. Derzeit schauen sie vor allem auf das Duell zwischen den beiden US-Investoren Warren Buffett und Cathie Wood. Er ist 91 Jahre alt, sie 66. Er mag das Bewährte, sie das Neue. Er kauft lieber günstig ein, sie zahlt auch mal höhere Preise. Er steht für Value-, sie für Growth-Aktien.

In den Augen der Öffentlichkeit begann ihr Duell im Jahr 2020. Während dieser Zeit stieg Cathie Wood mit ihrem ARK Innovation ETF zu den großen Pandemiegewinnern auf, und immer mehr Anleger verfolgten fortan, ob sie darin teure Tech-Werte wie Block, Tesla oder Zoom aufstockte. Ab Februar 2021 schob sich Warren Buffett mit seiner Holding Berkshire Hathaway jedoch kontinuierlich näher an den ARK Innovation ETF heran. Während Wood immer weiter verlor, legte Buffett mit vermeintlich langweiligen Konsumwerten wie Coca-Cola oder Kraft Heinz beständig zu.

Weiterhin günstig


Anleger können dieses Duell nahtlos auf die Fondsbranche übertragen. Auch dort zogen Value-Fonds jüngst an ihren Growth-Pendants vorbei. Doch wie geht das Duell zwischen den besten Growth- und Value-Fonds weiter? Was kaufen die jeweiligen Fondsmanager? Das wollte €uro genauer wissen und hat dazu die Vertreter aus beiden Lagern befragt.

Ein passionierter Value-Investor ist Felix Schleicher aus München, der den globalen Aktienfonds MMT Global Value managt. "Value hatte von 2007 bis 2020 mit Gegenwind zu kämpfen, die Trendwende kam vor nicht einmal zwei Jahren", sagt Schleicher, der sich viele Jahre mit Börsenlegende André Kostolany ausgetauscht hat. Für die Zukunft seines Fonds ist Schleicher optimistisch. "Gut möglich, dass die Outperformance von Value noch Jahre anhalten wird", sagt er. "Viele Value-Aktien sind noch immer historisch günstig bewertet." Jarrid Klug unterstützt diese These. Er managt von Frankfurt aus den DWS Global Value und verweist auf die Bewertungskennziffern bei den globalen MSCI-Indizes für Value- und Growth-Aktien. Auch Lejda Bargjo aus Frankfurt, Produktexpertin bei der niederländischen Fondsgesellschaft Robeco, gibt sich zuversichtlich. "Wir haben nach der Dotcom-Blase gesehen, dass eine Value-Rally mehrere Jahre lang anhalten kann", erklärt Bargjo mit Blick auf die Zeit von 2001 bis 2007.

Dafür muss allerdings das wirtschaftliche Umfeld stimmen. "Sollten die Rohstoffpreise nicht substanziell korrigieren und die Zinsen nicht wieder fallen, dürften sich Value-Aktien weiter besser entwickeln als Growth-Aktien", sagt DWS-Fondsmanager Klug. Hintergrund: Bei einer Inflation und steigenden Zinsen laufen Value-Aktien in aller Regel besser als Growth-Aktien. Kommt es jedoch zu einer Rezession, leiden darunter auch Value-Aktien.

Anleger können unter vielen Value-Fonds auswählen. Doch Value-Fonds ist nicht gleich Value-Fonds. Europäische Fonds gewichten Finanztitel meist am höchsten, US-Fonds setzen stärker auf Gesundheitswerte, während globale Fonds keinen Sektor klar bevorzugen.

Es mag Anleger sogar irritieren, dass der globale Value-ETF von iShares mit 21 Prozent am stärksten in IT-Werte investiert. Schließlich gelten die meisten IT-Werte nicht gerade als Schnäppchen. Der iShares MSCI World Value ETF gewichtet die Sektoren jedoch fast genauso hoch wie der MSCI World Index, wählt aus jedem Sektor aber die günstigen Titel aus. So verzichtet der Value-ETF im IT-Sektor zum Beispiel auf die heutigen Marktführer Apple sowie Microsoft und gewichtet die früheren Branchengrößen Cisco, IBM und Intel dort am höchsten.

Klassischer agieren die Manager des JP Morgan Europe Strategic Value, die Energie- und Finanzwerte gegenüber dem MSCI Europe Value Index derzeit am stärksten übergewichten. Bei den Banken setzen sie etwa auf BNP Paribas und HSBC, bei den Energiewerten auf Shell und TotalEnergies.

Wieder günstiger


Wer sich im Growth-Lager umhört, erhält naturgemäß andere Antworten. Abwägend argumentiert Tobias Rommel, der für die DWS in Frankfurt den DWS Global Growth managt. Bei Growth-Werten würden die Umsätze und die Gewinne über- durchschnittlich stark wachsen, betont Rommel. "Daher sind sie gerade in Zeiten einer wirtschaftlichen Abschwächung attraktiv", erklärt er. Doch nur wenn die Zinsen nicht weiter steigen, könnten sich Wachstumswerte wieder besser entwickeln als Substanzwerte, vermutet er. "Denn nach wie vor sind Wachstumsaktien teurer als der Gesamtmarkt", ergänzt Schleicher.

Optimistischer äußert sich Wolfgang Fickus, der für Comgest als Produkt­experte in Paris arbeitet. "Der Abver­kauf von Wachstumsunternehmen im Jahresverlauf hat mittlerweile zu sehr günstigen Bewertungen geführt", er­klärt Fickus. "Unser Flaggschiff Comgest Growth Europe hat im Jahresverlauf zehn KGV-Punkte eingebüßt und handelt mit einem KGV von 21 mittlerweile unter dem Durchschnitt der vergangenen zwei Jahrzehnte."

Auch bei der Londoner Fondsbou­tique Seilern sieht man gute Chancen für Growth-­Werte. "Die jetzigen Aktien­kurse deuten an, dass Quality­-Growth­ Unternehmen ihre Wachstumsdynamik über Nacht eingebüßt haben", sagt Sei­lern-­Chef Peter Seilern-­Aspang. "Diese Perspektive ist natürlich absurd." Die Aktien in den Seilern-­Fonds hätten ihre Gewinnerwartungen jüngst sogar über­ troffen und würden angesichts ihrer Bewertungen nun auf einem Silber­tablett serviert.

Neben dem Wachstum achten die Fondsmanager von Comgest, DWS und Seilern bei den Unternehmen zudem auf gute Bilanzen und Geschäftsmodelle, so­dass sie lieber von Quality­Growth­ als von Growth­-Aktien sprechen. Quality­ Growth­-ETFs können Anleger jedoch nicht kaufen, so wie es überhaupt kaum Growth-­ETFs gibt. Hier müssen Anleger auf aktiv gemanagte Fonds setzen, die es aber reichlich gibt.

Geduldig bleiben


Auch den ARK Inno­vation ETF von Cathie Wood können An­leger hierzulande nicht kaufen. Ähnlich investieren jedoch die in Edinburgh ansässigen Manager von Baillie Gifford. Beim Global Long Term Global Growth investieren sie unter anderem in Bion­tech, Moderna sowie Tesla und haben jüngst ein vergleichbares Auf und Ab hin­gelegt. "Auf lange Sicht werden die Akti­enkurse von einer Handvoll besonderer Unternehmen getrieben", sagt Robert Wilson, der bei Baillie Gifford als Fonds­manager arbeitet. "Unsere Aufgabe ist es also, diese großen Gewinner zu identifi­zieren und sie über lange Zeiträume zu halten, auch wenn wir dabei immer wie­ der mit Rückschlägen rechnen müssen", fügt Wilson an. Oder wie Warren Buffett einst sagte: "Unsere bevorzugte Halte­dauer ist ewig." Die Duellanten des Growth­- und Value­-Lagers haben also auch Gemeinsamkeiten.