Der kam so: Zum einen steht in Deutschland endlich die Koalition, was für eine gewisse Stabilität im Euroraum sorgen sollte. Zum anderen gab Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank EZB, bekannt, dass eine Fortsetzung der Niedrigzinsphase durchaus möglich ist. Gleichzeitig gab es positive Konjunkturmeldungen aus den USA, vor allem vom Arbeitsmarkt. Die Anzahl der Beschäftigten legte im Februar nämlich um 313 000 zu. Im Schnitt waren nur 205 000 erwartet worden. Und als ob dieser Stellenzuwachs an sich nicht schon genug der positiven Überraschung wäre, wurden die Zahlen für die beiden Vormonate um insgesamt 54 000 nach oben revidiert. Auch beachtenswert: Die derzeit als Inflationsindikator viel beachteten Stundenlöhne stiegen nur um 0,1 Prozent zum Vormonat. Insgesamt ist die Entwicklung am US-Arbeitsmarkt also positiv und ein Indikator dafür, dass die Konjunktur weder zu "warm" noch zu "kalt" läuft.
Daher gehen Börsianer weiter davon aus, dass die Notenbank Fed im laufenden Jahr drei bis vier Zinsschritte wagen wird - und so nicht übers Ziel hinausschießt. Eine erste Anhebung im März ist dabei wohl schon in den Kursen enthalten und gilt als ausgemachte Sache.
Trotz aller Sorgen und Probleme muss sich der Konjunkturzyklus also noch nicht zwangsläufig seinem Ende nähern. Dass der drohende Handelskrieg so schnell seine negative Wirkung auf die Aktienkurse verloren hat, ist ein weiteres positives Signal. Zumindest kurzfristig. US-Präsident Donald Trump hatte Schutzzölle auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (zehn Prozent) verhängt und lässt diese bereits in gut einer Woche in Kraft treten. Die EU hat derweil Gegenmaßnahmen angekündigt und plant eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO.
Trotzdem sollte klar sein, dass alles in allem das Risiko an den Märkten gestiegen ist. Die trotz Vollbeschäftigung in den USA verabschiedeten Steuersenkungen könnten eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Außerdem dürfte sich das Leistungsbilanzdefizit der USA erhöhen. "Dass man sein Dach reparieren sollte, wenn die Sonne scheint - also Zeiten mit positiver Dynamik zur Verbesserung der eigenen Finanzlage nutzt -, das gilt anscheinend nicht für Präsident Trump", bemängelt Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solutions.
Heißt: In Hochkonjunkturphasen sollten Staaten normalerweise versuchen, Defizite abzubauen. Die Länder der Eurozone haben dies angesichts besser werdender wirtschaftlicher Aussichten getan. Im Gegensatz dazu hat sich das US-Haushaltsdefizit von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2015 auf aktuell 3,4 Prozent erhöht. Wegen der Steuersenkungen wird jetzt mit einem weiteren Anstieg auf 4,5 bis vielleicht sogar fünf Prozent bis zum Jahr 2019 gerechnet. Das macht die Lage an den Märkten nicht leichter. Längerfristig ist der Mix aus steigenden Löhnen sowie einer stärkeren Inflation plus einer eventuell aggressiver agierenden US-Notenbank Fed sicherlich ein Grund für größere Besorgnis.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com