Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone einigten sich am frühen Montagmorgen auf eine gemeinsame Erklärung, in welcher der Hellas-Finanzbedarf, der Umgang mit der Schuldenlast und die verlangten Maßnahmen behandelt werden. Basis des Papiers sind Vorschläge der Euro-Finanzminister. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll entgegen des bisherigen Willens der griechischen Regierung bei einem dritten Programm an Bord bleiben.



FINANZBEDARF UND SCHULDENFRAGE



Der Umfang des geplanten Programms mit dreijähriger Laufzeit wird auf 82 bis 86 Milliarden Euro beziffert. Kurzfristig benötigt Griechenland der Erklärung zufolge bis zum 20. Juli sieben Milliarden Euro und bis Mitte August weitere fünf Milliarden. Ein neues Programm des Euro-Rettungsfonds ESM müsste den Angaben zufolge zudem einen Puffer von zehn bis 25 Milliarden Euro zur Rekapitalisierung griechischer Banken enthalten. Die Hellas-Institute litten zuletzt unter massiven Abflüssen von Kundengeldern, bis Kapitalverkehrskontrollen eingeführt wurden. Deshalb sollen zehn Milliarden Euro im Rahmen des Programms auf einem separaten ESM-Konto umgehend zur Verfügung gestellt werden.

Zum Thema Schuldenrestrukturierung heißt es in der Erklärung: "Es gibt ernsthafte Bedenken in Bezug auf die Tragfähigkeit der griechischen Schulden." Als Grund dafür wird die griechische Politik der vergangenen zwölf Monate genannt. Die Erklärung stellt weitere Maßnahmen in Aussicht, um die Schuldenlast zu erleichtern. Dazu zählen unter anderem Laufzeitverlängerungen. Eine ähnliche Formulierung hatte es bereits im November 2012 in einem Papier der Eurogruppe gegeben. Abhängig seien die Erleichterungen von der vollen Umsetzung der Maßnahmen in einem dritten Hilfsprogramm. "Nominale Schuldenschnitte können nicht unternommen werden", heißt es weiter.



KURZFRISTIGE FORDERUNGEN AN ATHEN



Bis Mittwoch soll die griechische Regierung Gesetzesinitiativen in mehreren Bereichen durch das Parlament bringen. Hierzu zählen:

  • Eine Vereinfachung des Mehrwertsteuer-Systems und eine Verbreiterung der Steuerbasis.


  • Maßnahmen, um die Nachhaltigkeit des Rentensystems zu verbessern.


  • Eine Stärkung der Unabhängigkeit der Statistikbehörde Elstat.


  • Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung der Haushaltsdisziplin. Im Falle der Abweichung von Zielen zum Erreichen von Primärüberschüssen - dem Staatshaushalt ohne Zinszahlungen - sollen "quasi-automatische" Ausgabenkürzungen greifen.


  • Bis zum 22. Juli sollen dann weitere Gesetzesinitiativen folgen:

  • Reformen im Justizsystem.


  • Umsetzung der EU-Richtlinie BRRD zur Sanierung und Abwicklung von Banken innerhalb einer Woche mit Hilfe der EU-Kommission.




  • MITTELFRISTIGE FORDERUNGEN



    Mittelfristig soll die Regierung in Athen weitere Maßnahmen anpacken:

  • Eine Reform des Rentensystems und Maßnahmen, um die Auswirkungen eines Gerichtsurteils vom Juni gegen die Rentenreform 2012 abzufedern.


  • Stärkere Liberalisierung des Binnenmarktes und Umsetzung von Vorschlägen der Industriestaaten-Organisation OECD, unter anderem zu Ladenöffnungszeiten am Sonntag und Produktreformen.


  • Weitere Privatisierungen, darunter die des Stromnetzbetreibers Admie.


  • Die Privatisierung von Staatsbetrieben soll über einen von den griechischen Behörden verwalteten Fonds unter europäischer Aufsicht abgewickelt werden. Der Fonds soll über Privatisierungen 50 Milliarden Euro eintreiben. 25 Milliarden Euro davon sollen unter anderem in die Rückzahlung der Rekapitalisierung der Banken fließen. Zudem sollen jeweils 12,5 Milliarden Euro für den Schuldenabbau und für Investitionen genutzt werden.


  • Liberalisierung des Arbeitsmarktes, auch im Bereich von Tarifverhandlungen und Massenentlassungen.


  • Stärkung des Finanzsektors und Ausräumung jeglicher Möglichkeit politischer Einflussnahme im Bankenbereich.


  • Modernisierung und unter Aufsicht der EU-Kommission Entpolitisierung der griechischen Verwaltung. Ein erster Vorschlag soll bis zum 20. Juli eingereicht werden.


  • Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Institutionen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem IWF, der früheren Troika.


  • Rücknahme von Gesetzen, die 2015 beschlossen wurden und nicht mit den Institutionen abgesprochen waren.


  • Reuters