Reza Karim: Zunächst einmal ist es wichtig, auf folgenden Punkt hinzuweisen: Anleger unterscheiden leider oft nicht zwischen Anleihen und Aktien, wenn es um die Emerging Markets geht. Dabei sind dies wirklich zwei sehr unterschiedliche Dinge.
Natürlich unterscheiden sich Aktien und Anleihen. Aber wie meinen Sie das jetzt im speziellen Zusammenhang mit Schwellenländern?
Zum einen ist es etwas Grundsätzliches. Auch wenn es nicht um Schwellenländer geht, gilt: Das Wachstum eines Unternehmens ist für die Bewertung von dessen Aktien wichtig. Für die Anleihen desselben Unternehmens ist lediglich entscheidend, ob das betreffende Unternehmen seine Zinsdienste erfüllt und die Anleihe zurückzahlen kann. Geht es um Schwellenländer, ist das ein sehr entscheidender Unterschied. Denn die Volatilität der Aktienkurse dort ist überhaupt nicht zu vergleichen mit der Volatilität der Bondkurse. Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets haben im Durchschnitt sogar eine geringere Volatilität als US-Aktien. Wenn wir über Portfolio-Risiken reden, sollte man das also ins richtige Verhältnis setzen.
Sie wollen US-Aktien mit Emerging Markets Bonds vergleichen?
Nein, ich möchte nur darauf hinweisen, dass für uns bei der Bewertung von Anleihen nicht die Region zählt, sondern die spezifischen Daten. Anleihen von Unternehmen, die aus sogenannten Schwellenländern kommen, sind nicht automatisch riskanter als andere Anleihen. Und schon gar nicht als Aktien. Die Unternehmen haben sehr unterschiedliche Qualitäten. Und die sehen wir uns an, immer im Hinblick darauf, wie sicher und profitabel ein Engagement dort ist. Aber wenn wir schon bei dem Vergleich sind, dann sollten Sie sich ansehen, wie viel Prozent US-Aktien Ende vergangenen Jahres im Durchschnitt an der Börse an Wert verloren haben. Und wie lange es gedauert hat, bis sich der Markt wieder erholt hat. Und dann halten Sie die Kursentwicklung von Emerging Market Bonds daneben: Als es heiß her ging im vergangenen Herbst, haben die Papiere aus diesen Regionen im Durchschnitt um 1,7 Prozent nachgegeben und waren Anfang dieses Jahres sehr schnell wieder auf ihrem alten Niveau.
Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern waren vor der Korrektur im vergangenen Herbst ja schon sehr gut bewertet. Durch die Rally im ersten Halbjahr notieren sie wieder auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Ist jetzt noch ein guter Zeitpunkt, um dort zu investieren?
Sie haben insofern Recht, als ein durchschnittlicher Kursgewinn von rund neun Prozent in diesem Jahr sich kaum in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen lässt. Das haben wir natürlich im Blick. Timing spielt in diesem Markt jedoch nur eine eher untergeordnete Rolle. Am Ende müssen Rendite und Bonität stimmen. Natürlich werden diese Parameter schlechter, wenn der Markt hoch bewertet ist. Aber wir kaufen ja nicht "den Markt", sondern sehen uns in den betreffenden Regionen sehr genau einzelne Unternehmen an. Da gibt es immer wieder Chancen.
Was muss ein Unternehmen auszeichnen, damit Sie dessen Anleihen kaufen?
Wir bevorzugen Unternehmen, die weltweit exportieren. Dass diese Unternehmen in den Schwellenländern beheimatet sind, ist deshalb eigentlich zweitrangig.
Zumindest die Währungsentwicklung sollte man da aber schon im Auge behalten, oder?
Der Fonds investiert ausschließlich in Hartwährungsanleihen. Wir führen ein umfangreiches Credit-Research durch und investieren nur in Unternehmen, die gegen Währungsabwertungen abgesichert sind. Die Anleger gehen damit nur ein begrenztes Währungsrisiko ein.
Blicken wir in die nahe Zukunft: Welche Schwellenländer bieten Ihrer Einschätzung nach derzeit die besten Bedingungen für Investitionen in Unternehmensanleihen?
Spannend ist zum einen Brasilien. Dort gibt es eine Reform der Altersversorgung. Das wird den Anleihemarkt nach vorne bringen. Außerdem halten wir Papiere von kasachischen Unternehmen für interessant. Das Land ist in seiner wirtschaftlichen Grundstruktur vergleichbar mit Russland - aber es leidet nicht unter Sanktionen. Das ist ein weiterer Bonuspunkt für ein Land, das viele Investoren noch gar nicht so richtig auf dem Schirm haben.
Herr Karim, vielen Dank für das Gespräch.