HOLGER SANDTE, EUROPA-CHEFVOLKSWIRT NORDEA:



"Die EZB wird im März sehr wahrscheinlich nachlegen. Meiner Ansicht nach wird sie den Einlagenzins senken und die Anleihenkäufe ausweiten, nachdem das im Dezember nicht geschehen ist. Die EZB kann noch eine Menge tun, aber Schub für die Wirtschaft kommt eher vom tiefen Ölpreis, nicht so sehr von der Geldpolitik. Eine Zinswende nach oben ist derzeit nicht abzusehen."

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:



"Draghi hätte gerne eine deutlich höhere Inflationsrate, doch diese wird er vorerst nicht bekommen. Die Ölpreise fielen weiter, was jeglichem Preisauftrieb den Wind aus den Segeln nimmt. Die Währungshüter sollten sich deshalb in Demut üben und den Finanzmärkten zu erkennen geben, dass sie nicht allmächtig sind. Die EZB läuft Gefahr, Hoffnungen zu wecken, die sie nicht erfüllen kann."

ULRIKE KASTENS, SAL. OPPENHEIM:



"Die EZB hat die Tür für weitere geldpolitische Maßnahmen noch weiter geöffnet. Eine weitere Senkung des Einlagensatzes auf der kommenden Sitzung im März scheint sehr wahrscheinlich. Die EZB betont die Risiken auf der konjunkturellen Seite, aber vor allem in der Inflationsentwicklung, die zu lange zu niedrig bleiben könnte. Vor allem negative Zweitrundeneffekte müssen genau beobachtet werden. Damit deutet sich an, dass die Notenbank im März nochmals nachlegen wird. Positive Effekte wie die Verbesserung auf der Kreditseite werden nicht so hoch bewertet wie die Risiken auf der Inflationsseite. Dabei kann die EZB den Ölpreis bekanntlich nicht beeinflussen, auch die realen Einkommenseffekte werden anscheinend nicht so hoch gewichtet. Wenn es bereits nach nur drei Monaten im März eine Neuadjustierung kommen sollte, stellt sich die Frage nach der langfristigen geldpolitischen Orientierung der EZB. Und es ist ein letztlich auch ein schlechtes Zeichen für die wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone."

OTMAR LANG, CHEFVOLKSWIRT TARGOBANK:



"Die EZB folgt einem falschen Credo, nämlich dass die niedrigen Rohstoffpreise für die Weltwirtschaft schlecht sind. Damit stellt sie die klassische Wirkungslogik auf den Kopf. Bislang galt: Niedrige Energiepreise wirken wie ein Wachstumsprogramm. Denn die Unternehmen können günstiger produzieren und die Verbraucher können das dank gesunkener Benzin- und Heizkosten gesparte Geld in den Konsum stecken. Das kurbelt die Konjunktur an - wozu bräuchte man dann noch Zinssenkungen? Der Inflation werden weitere geldpolitische Schritte angesichts der niedrigen Rohstoffpreise auch nicht auf die Sprünge helfen. Mit genau diesem Ziel war die EZB aber vor einem Jahr angetreten, als sie ihr umfangreiches Anleihen-Kaufprogramm startete. Grundsätzlich wird die Wirkung einer Medizin mit zunehmender Dosis nicht besser. Wir rechnen spätestens ab dem Frühsommer mit verschärften Minuszinsen. Der Einlagenzinssatz dürfte weiter gesenkt und das Anleihen-Kaufprogramm erhöht werden."

ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT BANKHAUS LAMPE:



"Die EZB hat ihre Rhetorik verschärft. Draghi spricht von gestiegenen wirtschaftlichen Risiken, auch dürften die Preise nicht so steigen wie bislang erwartet. Die EZB signalisiert Handlungsbereitschaft. Sie dürfte ihre Geldpolitik im März weiter lockern. Vermutlich wird der Einlagenzins gedrückt, gleichzeitig könnten die Wertpapierkäufe erhöht werden."

ANDREAS BLEY, CHEFVOLKSWIRT BANKENVERBAND BVR:



"Nichts ist das Beste, was die EZB heute tun konnte. Auch im März sollte die Geldpolitik ihren Kurs unverändert lassen. Es ist weder Inflation noch eine Deflationsspirale in Sicht. Die großen politischen Herausforderungen liegen in den Händen der Staats- und Regierungschefs. Europa muss fit für die Digitalisierung gemacht werden und braucht eine Lösung der Flüchtlingskrise. Eine Nationalisierung der Politik wäre ein Spiel mit dem Feuer."

ULRICH WORTBERG, HELABA:



"EZB-Präsident Draghi bleibt seinem Ruf als 'geldpolitische Taube' gerecht und hält die Tür für weitere Lockerungsmaßnahmen offen. Mit dem Hinweis, dass im März die Geldpolitik erneut überprüft und möglicherweise angepasst werde, verstärkt er Spekulationen auf weitere Lockerungsmaßnahmen. Die Kommentare von Draghi stehen unter erhöhter Beobachtung, denn im Vorfeld der Ratssitzung Anfang Dezember hatte er Erwartungen geschürt, die er letztlich nicht erfüllen konnte. Innerhalb der EZB gibt es auch Stimmen gegen weitere Maßnahmen zur Lockerung der Geldpolitik."

Reuters