Damit hat sich die überraschende Verbesserung einiger Wirtschaftsindikatoren im Vormonat als nicht nachhaltig herausgestellt. Der konjunkturelle Trend in der EWU-Wirtschaft weist weiterhin nach unten. Es ist allerdings seit Jahresbeginn ein relativ flacher Abwärtstrend, was sich auch darin zeigt, dass die Jahresveränderungsrate des Euro-Indikators seit ihrem Tief von Anfang 2019 tendenziell wieder etwas angestiegen ist. Ein wirtschaftlicher Absturz ist daher in den kommenden Monaten nicht zu erwarten.

Nach wie vor steht der Industriesektor im Zentrum der konjunkturellen Eintrübung. Im Juni zeigte sich das vor allem an den verschlechterten Produktionserwartungen der Unternehmen. Sie haben das Plus des Vormonats wieder abgegeben und bewegen sich in der Nähe ihres Sechs-Jahres-Tiefstandes. Auch bei den Einkaufsmanagern im verarbeitenden Gewerbe ist noch keine Stimmungsverbesserung festzustellen. Die IHS-Markit-Umfrage berichtet von einem erneuten Auftrags- und Produktionsrückgang im Juni, der den europäischen Industriesektor belastet.

Dagegen ist die Stimmungslage bei den privaten Haushalten im Euro-Raum nach wie vor nicht schlecht, auch wenn die letzten Monate eine gewisse Abkühlung des Sentiments gebracht haben. Im Hinblick auf ihre eigene Finanzlage sind die Verbraucher weiterhin recht optimistisch, was auch durch die immer noch gute Arbeitsmarktlage zu erklären ist. Das bedingt, dass auch die Neigung der Konsumenten zu größeren Anschaffungen noch nicht sehr stark durch die Konjunktureintrübung beeinträchtigt wurde.

Auf den Finanzmärkten haben sich die veränderten Erwartungen im Hinblick auf die Geldpolitik im Juni nicht zuletzt in fallenden Renditen von langlaufenden Bundesanleihen niedergeschlagen. Damit ist auch der Zinsabstand zwischen dem Kapital- und dem Geldmarkt noch weiter zusammengeschnurrt. Der Spread bewegt sich nur noch knapp über der Nulllinie und ist damit auf den tiefsten Stand seit mehr als zehn Jahren gesunken. Eine flache oder gar inverse Zinsstrukturkurve gilt allgemein als negatives konjunkturelles Signal und kann eine Rezession ankündigen.

Für das abgelaufene zweite Quartal lässt die jüngste Entwicklung des Euro-Indikators nur auf ein schwaches Wachstum im Euro-Raum schließen. Die leichte Stabilisierung, die sich zu Jahresbeginn 2019 im Indikator zeigt, macht für das Frühjahr ein Abrutschen in die Rezession eher unwahrscheinlich. Aktuell lässt unser Euro-Indikator insgesamt eher eine fortgesetzte wirtschaftliche Schwächephase als einen konjunkturellen Einbruch erwarten.


Stefan Bielmeier ist Chefvolkswirt der DZ-Bank.