in "Der Crash kommt" habe ich mich bewusst zurückgehalten mit düsteren Szenarien. Auch in den letzten Jahren war mein Basisszenario immer, dass wir uns irgendwie durchwursteln werden. Und ansonsten haben wir Aktien billig gekauft, gehalten, länger gehalten und dann irgendwann vielleicht verkauft.
Und damit haben wir prächtig verdient.
Wenn man sich mit der Menschheitsgeschichte befasst, wie ich es in den letzten Jahren wieder verstärkt getan habe, merkt man, dass sich die Menschheit in den letzten vier- bis fünftausend Jahren nicht allzu sehr verändert hat. Abgrenzung gegenüber anderen, Freundschaften und Allianzen, Herrschaftsstrukturen, Konflikte und Auseinandersetzungen durchziehen in immer wechselnder Schattierung die Vergangenheit. Man muss nur das Alte Testament lesen.
Und nun sind wir wieder dabei uns abzugrenzen, "den Westen" und "Russland". Es werden Feindbilder aufgebaut. Wo sind die "Winds of Change" von denen die Scorpions nach dem Zusammenbruch des Kommunismus sangen?
Im Sommer 2001 war ich Teil einer hochrangigen amerikanisch-deutschen Konferenz in Washington. Schon damals irritierte mich, dass in allen Gesprächsgruppen gefragt wurde, wo denn die neuen Bedrohungen seien, die den Zusammenhalt der NATO garantieren würden. Ein amerikanischer Student, der vom Militär freigestellt war, um zu studieren, schrieb 1999 bei mir an der Boston University eine Seminararbeit über die strategische Lage im Süden der ehemaligen Sowjetunion. Unverhohlen sprach er von "our oil".
Ich habe Putin einmal gehört, auf einer Führungskräftekonferenz der Süddeutschen Zeitung in Berlin im Jahr 2010. Damals warb er mit Engelszungen um mehr Kooperation zwischen Russland, Europa und Deutschland. Das seien natürliche Partner. Er könne es nicht verstehen, dass ihm überall die Türen zugemacht würden. Hier werden bewusst Konflikte geschürt, wie es in den vielen tausend Jahren Menschheitsgeschichte unzählige Male geschehen ist. Und das keinesfalls nur von einer Seite.
Die Welt ist in den letzten Monaten sehr viel unsicherer geworden. Das sollten wir nicht vergessen.
Und dennoch: bei der Aktienanlage sind oft diejenigen am besten gefahren, die Qualitätstitel billig gekauft und dann möglichst wenig verändert haben.
Insofern verweise ich auf den Titel des Buchs Senecas, das ich in der letzten Kolumne vorgestellt hatte: Von der Gelassenheit. Davon können wir sicher ein gehöriges Maß gebrauchen.
Auf gute Investments,
Ihr
Prof. Dr. Max Otte
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des wöchentlichen Börsenbriefes DER PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer sowie Hauptgesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH.