Die Zweifel an der Wirksamkeit eines "Quantitative Easing" sind bekannt. Wenn sich die EZB dennoch in dieses Abenteuer stürzt, mag die Hoffnung bleiben, dass es wenigstens nicht schadet. Doch auch diese Hoffnung trügt; die negativen Wirkungen sind erheblich:
• Tiefere Zinsen bewirken nicht unbedingt mehr Nachfrage. Im Gegenteil: Wir müssen alle mehr sparen, wollen wir im Alter ausreichend Reserven haben. Kurzfristig mögen die tiefen Zinsen den Konsum beleben. Mittel- und längerfristig sinkt der Konsum jedoch, gerade bei einer zunehmend überalterten Gesellschaft.
• Die tiefen Zinsen verhindern die eigentlich erforderliche Bereinigung in Realwirtschaft und Bankensystem. Ähnlich wie in Japan in den 1990er Jahren werden Unternehmen am Leben erhalten, die eigentlich insolvent sind. Diese investieren jedoch nicht und erhöhen mit ihrem kurzfristig auf Liquidität ausgerichteten Denken den Druck auf die eigentlich gesunden Unternehmen zusätzlich.
• Billiges Geld führt tendenziell zu höheren Preisen für Vermögenswerte. Damit ist es attraktiver, über Spekulation und Leverage Geld zu verdienen, als über Investitionen in der Realwirtschaft. Dies verstärkt zudem die Ungleichverteilung der Vermögen und liefert Forderungen nach mehr Umverteilung zusätzliche Munition.
• Der Zins ist ein wichtiger Indikator für das zu erwartende Wirtschaftswachstum und damit die Attraktivität von Investitionen. Es lohnt sich nicht, nur mit Blick auf eine günstige Finanzierung zu investieren, wenn die Aussichten für das nachhaltige Wachstum gering sind.
In Summe trägt dies dazu bei, die Grundursache der Krise zu verschleppen: die Überschuldung Europas. Die deflationäre Tendenz in Europa wird weiter verstärkt statt gelindert. Damit wiederholen wir die Fehler Japans und steuern geradewegs in unser eigenes verlorenes Jahrzehnt.
Der größte Schaden dürfte jedoch darin liegen, dass die EZB Gefahr läuft, ihren Nimbus als letzter Retter zu verlieren. Klappt Quantitative Easing nicht - und davon ist leider auszugehen - ist die letzte noch glaubwürdige Institution in der Eurozone bloßgestellt. Dann würde allen Beobachtern klar, dass die Eurozone wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern eigentlich nackt ist.
Doch vielleicht gibt es ja einen Plan hinter QE, der noch weiter geht, und den man zum heutigen Zeitpunkt nicht offen diskutieren mag? Etwa die Bereinigung der Schulden über die Bilanz der EZB? Seit Monaten mehren sich Stimmen, die einen solchen Weg vorschlagen. Demnach sollen die Notenbanken im großen Stile Staatsanleihen aufkaufen und diese anschließend annullieren. Das Schuldenproblem wäre so über Nacht gelöst. Inflationsgefahren werden von den Befürwortern verneint, so es dabei bleibt, dass es sich um eine einmalige Maßnahme handelt. Sollten sie sich irren und es dennoch zu Inflation kommen, so wäre das nach dieser Auffassung auch nicht so schlimm, würde doch so zugleich das Problem der hohen privaten Schuldenlast gelöst.
Betrachtet man es so, kann man eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass QE konsequent zu Ende gedacht nur auf dieses Szenario zulaufen kann. Japan macht es uns demnächst vor.