Auf Seite 2: KAPITALVERKEHRSKONTROLLEN UND SCHULDSCHEINE
KAPITALVERKEHRSKONTROLLEN UND SCHULDSCHEINE
In Griechenland bleiben die Banken wegen des befürchteten Ansturms von Sparern auf ihre Konten bis nächsten Montag geschlossen. Von Geldautomaten im Land dürfen die Griechen nur 60 Euro pro Tag abheben. Online-Überweisungen sind weiter möglich, aber nicht ins Ausland. Die griechische Regierung will mit diesen Kapitalverkehrskontrollen verhindern, dass die Banken zusammenbrechen, weil angesichts der drohenden Staatspleite zu viele Kunden gleichzeitig ihre Konten räumen. Im Fall Zyperns, das wegen seiner Bankenkrise 2013 Kapitalverkehrskontrollen einführte, wurden die Beschränkungen erst in diesem April gänzlich aufgehoben.
Sollte es keine baldige Lösung geben, könnte die Regierung in Athen zudem gezwungen sein, Schuldscheine auszugeben, mit denen Unternehmen und Privatleute untereinander Rechnungen begleichen. Das wäre faktisch eine zweite Währung und der erste Schritt aus dem Euro. Der Wert dieser Parallelwährung dürfte deutlich unter dem des Euros liegen. Rentner oder Arbeitslose bekämen dann vom Staat weniger Geld.
Beantragt die Regierung in Athen die Auszahlung der 10,9 Milliarden Euro, die im Rettungsmechanismus EFSF für Bankenhilfen in Griechenland vorhanden sind, wäre sie zurück in den gerade abgebrochenen Verhandlungen. Eine schnelle Lösung wäre aber auch das nicht, denn die Mittel sind an Auflagen gebunden.
Auf Seite 3: WAS MACHEN EFSF/ESM?
WAS MACHEN EFSF/ESM?
Würde Griechenland beim IWF ab Mittwoch als zahlungsausfällig geführt, müssten die Euro-Länder beraten, ob sie die sofortige Rückzahlung von Krediten fordern. Dies gilt als unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte der Euro-Rettungsfonds EFSF, der in den ESM übergegangen ist, als größter Gläubiger des Landes sein Recht auf Rückzahlung zunächst formal geltend machen. Darüber entscheidet das ESM-Direktorium, in dem meist die Staatssekretäre aus den Finanzministerien der Euro-Länder sitzen.
Auf Seite 4: WAS MACHT DIE EZB?
WAS MACHT DIE EZB?
Vor einer schwierigen Entscheidung steht die Europäische Zentralbank, die darüber befinden muss, wie lange sie Notkredite für griechische Banken (ELA) gewährt. Am Sonntag ließ die EZB die ELA-Hilfen zwar bestehen, erweiterte deren Rahmen aber nicht. Bundesbankchef und EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann ist seit längerem ein scharfer Kritiker dieser Notkredite. Er sieht mit den ELA-Hilfen die Grenze zur verbotenen Staatsfinanzierung erreicht, wenn Banken mit dem frischen Geld Anleihen des griechischen Staates aufkaufen und Vorgängerbonds immer wieder ablösen. Andere EZB-Vertreter haben deutlich gemacht, dass die ELA-Hilfen so lange gewährt werden, wie die griechischen Banken Sicherheiten hinterlegen können. Diese Sicherheiten dürften allerdings nach dem Ende des Hilfsprogramms und einer festgestellten Zahlungsunfähigkeit bei der EZB rasch an Wert verlieren.
Grundsätzlich hängt für die EZB die Gewährung von ELA-Hilfen allerdings nicht an der Existenz eines Hilfsprogramms. Die EZB könnte daher mit der Aufkündigung der ELA-Kredite auch bis zum 20. Juli warten, wenn eine Rückzahlung Griechenlands an die EZB von rund 3,5 Milliarden Euro fällig wird. Sollte jedoch diese Rechnung nicht beglichen werden, könnte es eng werden. Dann könnten den Währungshütern die Argumente für eine Aufrechterhaltung der Hilfen ausgehen.
Auf Seite 5: DAS REFERENDUM UND DIE POLITISCHE LAGE IN ATHEN
DAS REFERENDUM UND DIE POLITISCHE LAGE IN ATHEN
In welcher Form das von Ministerpräsident Alexis Tsipras für kommenden Sonntag angesetzte Referendum tatsächlich abgehalten wird, war auch am Montag unklar. Denn mit dem Auslaufen des Hilfsprogramms ist auch das von den Geldgebern angebotene Reformpaket vom Tisch, über das die Griechen eigentlich abstimmen sollten. Falls die griechische Regierung trotzdem über Reformauflagen abstimmen lässt und die Bevölkerung für die Maßnahmen stimmen sollte, müsste die Athener Regierung wohl oder übel über ein drittes Hilfsprogramm verhandeln. Da das Links-Rechts-Bündnis dem Volk die Ablehnung des Reformprogramms empfohlen hat, ist aber offen, ob sie sich bei einer Zustimmung im Amt halten kann.
Energieminister Panagiotis Lafazanis, ein enger Vertrauter von Tsipras, antwortete auf die Frage nach einem möglichen Rücktritt der Regierung, wenn das Volk mit "Ja" stimmen sollte: "Ja, da würde es politische Entwicklungen geben." Möglich wäre bei einem Rücktritt der Tsipras-Regierung, dass der griechische Präsident Prokopis Pavlopoulos statt Neuwahlen die Oppositionsparteien dazu aufruft, eine Minderheitsregierung der nationalen Einheit zu bilden. Als Ministerpräsident Giorgos Papandreou nach den gescheiterten Referendumsplänen 2011 zurücktrat, kam eine von Technokraten angeführte Regierung ins Amt, bis im Jahr darauf Jahr Wahlen abgehalten wurden.
Sollten die Wähler mit "Nein" stimmen, würde das mögliche weitere Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern weiter erschweren und den Abschied des Landes aus dem Euro wohl beschleunigen. Entscheidend ist bei dem Referendum auch die Beteiligung - wenn weniger als 40 Prozent der Wahlbeteiligten zur Abstimmung gehen, ist sie ungültig.
Auf Seite 6: EIN DRITTES PROGRAMM?
EIN DRITTES PROGRAMM?
Da das aktuelle Hilfsprogramm am Dienstag um Mitternacht ausläuft, müsste die griechische Regierung für frische Finanzspritzen einen neuen Antrag stellen. Sie würde sich dafür vermutlich an den ESM wenden, dessen Auflagen noch etwas strikter sind als beim Vorgängerinstrument EFSF. In dem Fall müsste der Bundestag zweimal zustimmen: Einmal, um die Verhandlungen aufzunehmen, und dann, um das Ergebnis der Gespräche zu billigen. Der Vorteil eines solchen dritten Programms wäre, dass es voraussichtlich über mehrere Jahre laufen würde - allerdings wahrscheinlich mit Auflagen, gegen die sich die aktuelle Regierung in den vergangenen Monaten heftig gewehrt hat.
Reuters