In der Hoffnung auf einen Wirtschaftsboom durch die "Trumponomics" schwingt sich die Wall Street seit der Präsidentenwahl Anfang November von einem Rekordhoch zum nächsten. Der Standardwerte-Index Dow Jones schnuppert an der psychologisch wichtigen Marke von 20.000 Punkten. "Nach der US-Präsidentschaftswahl ist im Land der unbegrenzten Möglichkeiten somit ein schon fast chronischer Konjunkturoptimismus ausgebrochen", sagt NordLB-Analyst Tobias Basse. Getragen wird die Rally von den Finanzwerten, die von der Aussicht auf eine geringere Regulierung profitieren. Der US-Bankenindex gewann fast 25 Prozent. Denn schließlich wurde die Branche seit der weltweiten Finanzkrise von 2008 immer enger an die Leine genommen.
Der Pharmabranche bläst dagegen der Wind ins Gesicht: Hohe Arzneimittelpreise spielten bereits im US-Wahlkampf eine Rolle . Trump hat versprochen, sich für Rabatte einzusetzen. Der US-Sektorindex gewann seit seinem Wahlsieg nur etwa halb so viel wie der Gesamtmarkt. Gleiches gilt für die Technologiebranche, die unter möglichen Handelshemmnissen besonders leiden würde. Außerdem hatten viele von ihnen im Wahlkampf Trumps Rivalin Hillary Clinton unterstützt.
Der künftige US-Präsident attackierte einige Unternehmen auch direkt, weil sie Waren in Billiglohn-Ländern produzieren oder ihre Produkte zu teuer sein sollen. Zu dieser Gruppe gehören die Autobauer General Motors (GM) und Toyota, der iPhone-Hersteller Apple und der Rüstungskonzern Lockheed Martin. In allen Fällen brockte er den betroffenen Firmen kräftige Kursverluste ein.
KLEINERE FIRMEN UND ÄLTERE KONSUMENTEN ZUVERSICHTLICHER
Die Hoffnung auf einen Aufschwung unter Trump ist vor allem bei kleinen Unternehmen groß: Das Barometer für deren Zuversicht kletterte im Dezember auf den höchsten Stand seit zwölf Jahren, wie die National Federation of Independent Business bei ihrer monatlichen Umfrage unter Mitgliedsfirmen ermittelte. Unmittelbar nach dem Wahlsieg Trumps im November war es bereits so kräftig gestiegen wie seit 1980 nicht mehr. Die Firmenchefs hoffen, von Deregulierungen - etwa geringeren Umweltschutzauflagen - und einer Senkung der Unternehmenssteuern zu profitieren.
Auch die Verbraucher blicken optimistisch nach vorn. Das Barometer für deren Konsumlaune erreichte im Dezember den höchsten Wert seit mehr als 15 Jahren. Besonders unter älteren Amerikanern nahm die Zuversicht spürbar zu, wie das Institut The Conference Board erklärt. Auch das Konsumbarometer der University of Michigan kletterte nach der Wahl deutlich nach oben auf den höchsten Wert seit fast 13 Jahren. Fast jeder fünfte Befragte sagte, Trumps Wahl werde sich positiv auf die Konjunktur auswirken. "Fiskalpolitische Anreize, auf die sich eine populistische Politik konzentriert, führen sehr wahrscheinlich dazu, dass die Menschen mit ihren Leben wieder glücklich sind", so die Experten des Vermögensverwalters Rare Infrastructure. "Das sollte die Stimmung der Verbraucher heben und damit für höhere Konsumausgaben sorgen."
NOTENBANK KÖNNTE GEGEN ÜBERHITZUNG DER WIRTSCHAFT VORGEHEN
Nicht zuletzt wegen der guten Konjunktursignale will die US-Notenbank Fed nun aggressiver vorgehen: Die Währungshüter haben bereits signalisiert, dass sie dieses Jahr drei Zinserhöhungen wagen könnten. In den beiden Vorjahren kam es jeweils nur zu einer Anhebung des Schlüsselsatzes. Seit Dezember liegt dieser in einer Spanne zwischen 0,5 und 0,75 Prozent. Da bereits de facto Vollbeschäftigung herrscht und sich die Inflation dem Zielwert der Fed von zwei Prozent nähert, dürfte die Zeit für weitere Schritte nach oben günstig sein.
Die Währungshüter treibt eine Sorge um: Ein weiterer Schub für die schon rund laufende Konjunktur durch die von Trump geplanten billionenschweren Investitionen sowie Steuersenkungen kann die Wirtschaft überhitzen lassen. Zinserhöhungen gelten für diesen Fall als probates Gegenmittel, werden doch dadurch Kredite für Investitionen, Hausbau und Konsum teurer.
Auch Mexiko steht schon vor der Amtseinführung Trumps vor großen Herausforderungen: Die dortige Notenbank versucht laut Händlern, mit milliardenschweren Dollar-Verkäufen die Talfahrt der Landeswährung Peso zu bremsen. Er ist stark unter Druck geraten, weil Trump im Wahlkampf Front gegen mexikanische Billig-Importe gemacht hat. So drohte er, auf Wareneinfuhren aus dem Nachbarland Importzölle von bis zu 35 Prozent zu verhängen.
Aus Furcht vor wirtschaftlichen Turbulenzen hob die Zentralbank im Dezember den Leitzins an - um einen halben Punkt auf 5,75 Prozent. Zudem steht weiter die Drohung Trumps im Raum, die USA mit einem Grenzwall gegen den südlichen Nachbarn abzuschotten. Mexiko will laut Außenminister Luis Videgary "auf keinen Fall" die Rechnung dafür übernehmen, wie es Trump seinen Anhängern vollmundig versprochen hat.
rtr