Der "Chief", wie er von seinen Mitarbeitern genannt wurde, war eine so dominante Persönlichkeit in der amerikanischen Kommunikations- und Unterhaltungsindustrie des 20. Jahrhunderts wie Andrew Carnegie in der Stahlindustrie oder John D. Rockefeller im Ölbusiness. Sein Presseimperium war so mächtig und sein Einfluss auf die öffentliche Meinung in den USA so groß, dass sogar Adolf Hitler, Benito Mussolini und Winston Churchill für ihn schrieben.
William Randolph Hearst galt als Erfinder der Sensationspresse, weil ihm die Auflage stets wichtiger war als die Wahrheit. Wie später Donald Trump verbreitete er "Fake News", also bewusst manipulative Falschmeldungen, und wollte US-Präsident werden. Er schaffte es aber nur zum Kongressabgeordneten.
Hearst hatte auch erkannt, dass man mit Kriegen die Auflage steigern konnte. Als sich 1898 die Kubaner gegen die spanische Kolonialmacht erhoben, machte er mit seinen Blättern Stimmung gegen Spanien und berichtete von angeblichen Gräueltaten der spanischen Armee. Seinem Korrespondenten in Havanna erklärte er: "Sie besorgen die Bilder, ich sorge für den Krieg." Hearst liebte es - auch darin war er Trump nicht unähnlich - seinen Reichtum zu zeigen und residierte wie ein barocker Fürst in einem skurrilen, prunkvollen kalifornischen Märchenschloss. Dazu ließ er ganze Suiten spanischer Paläste und französischer Lustschlösser plündern.
William Randolph Hearst kam 1863 in San Francisco als Kind wohlhabender Eltern zur Welt. Sein Vater George, ein schottisch-irischer Einwanderer ohne nennenswerte Schulbildung, war einer von Zehntausenden Abenteurern, die der kalifornische Goldrausch angelockt hatte. Er wurde Bergbauunternehmer und machte ein Vermögen mit dem Kauf und Verkauf von Minenaktien. William Hearst hatte keine Lust, ins väterliche Unternehmen einzusteigen. Er studierte an der Eliteuniversität Harvard Journalismus und kümmerte sich als Business Manager um die legendäre Studenten-Satirezeitung "The Harvard Lampoon", die damals Joseph Pulitzer leitete. Hearst übernahm 1887 die defizitäre Tageszeitung "San Francisco Examiner". Sein Vater hatte das Provinzblatt beim Pokerspiel gewonnen. Der 24-jährige Hearst gestaltete das Blatt radikal um, warb bei der Konkurrenz prominente Journalisten ab und wies sie an, exklusive und schockierende Geschichten zu recherchieren und möglichst dramatisch zu schildern. Schon nach zwei Jahren war der "Examiner" hochprofitabel.
Aufstieg zum Medientycoon
Hearsts Ehrgeiz war grenzenlos, er träumte von einem großen nationalen Zeitungsimperium. Mit dem Millionenerbe seines inzwischen verstorbenen Vaters kaufte er 1895 die New Yorker Zeitung "Morning Journal". Er machte das Blatt zum Sprachrohr der kleinen Leute, warb mit Sensationsstorys aus Politik und High Society um die Gunst der Leser. Innerhalb eines Jahres schoss die Auflage des "Journal" von 77 000 auf über 430 000 Exemplare nach oben. Hearsts "Morning Journal" stand in einem gnadenlosen Konkurrenzkampf mit der "New York World" seines Mentors Pulitzer, der das Blatt mit Boulevardthemen zu einer der auflagenstärksten Zeitungen Amerikas gemacht hatte. Während des viermonatigen Kriegs in Kuba - Hearst nahm daran zeitweise persönlich als Reporter teil - stieg die Auflage des "Journal" auf bis zu einer Million Exemplare täglich.
Der Siegeszug von Hearst war nicht mehr zu stoppen. Er erweiterte sein Imperium systematisch. Hearsts Presseprodukte sollten ihn auch bei seinem größten Ziel unterstützen, nämlich Präsident der USA zu werden. Er diente zwei Amtszeiten im Kongress, wurde 1904 Zweiter bei der Wahl zur Präsidentschaftskandidatur der Demokraten und war ein halbes Jahrhundert eine wichtige Stimme in der Politik. Aber ins Weiße Haus schaffte er es nicht.
In den 1930er-Jahren zeigte Hearst Sympathien für den Nationalsozialismus und den italienischen Faschismus. Adolf Hitler empfing ihn in Berlin und schrieb sogar Kommentare für die Hearst-Zeitungen. Hearst wandte sich aber augenblicklich von den Nazis ab, als er 1938 von den Novemberpogromen in Deutschland erfuhr. Seine Zeitungen waren später unter den ersten, die über den Holocaust berichteten.
Beinahe hätte Hearsts Leben im November 1924 eine dramatische Wende genommen. Eine illustre Gesellschaft feierte mit ihm auf seiner Jacht den 44. Geburtstag des berühmten Regisseurs Thomas Ince. Während die Jacht gerade vor der Südküste Kaliforniens kreuzte, soll der Tycoon den Stummfilmstar Charlie Chaplin in flagranti mit der Schauspielerin Marion Davies ertappt haben, Hearsts Geliebter. Hearst soll Chaplin daraufhin mit einem Revolver über das Deck gejagt und auf den Star geschossen haben, angeblich traf die Kugel stattdessen Ince, der tot zusammenbrach. Was wirklich geschehen war, kam nie ans Tageslicht.
Zur Legende wurde Hearst 1941, als das Hollywood-Wunderkind Orson Welles sich in dem Filmklassiker "Citizen Kane" von der fulminanten Karriere des Medienmoguls inspirieren ließ. "Citizen Kane" ist ein Film über einen korrupten und machtgierigen Zeitungsmagnaten, der an den Strippen der Macht sitzt und Menschen und Wirtschaft mithilfe der Medien zu manipulieren versucht. Hearst zeigte sich wenig begeistert über den Film.
William Hearst war verheiratet mit Millicent Willson und hatte fünf Söhne. Die Ehe hielt bis zu seinem Tod - er starb 1951 mit 88 Jahren in Beverly Hills an einem Herzinfarkt. Allerdings währte seine Affäre mit der Tänzerin und Schauspielerin Marion Davies über 30 Jahre lang, und er machte diese zu einer der mächtigsten Frauen Amerikas?