Der Geschäftsklima-Index fiel unerwartet deutlich um 1,5 auf 103,2 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Firmenchefs erklärte. Der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) macht dafür nicht nur Krisen wie in der Ukraine oder die Flaute in der Euro-Zone verantwortlich, sondern sieht auch in der Politik der Bundesregierung einen Stimmungskiller.

"Die heimische Wirtschaftspolitik verunsichert die Unternehmen zunehmend - vor allem den Mittelstand", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben, dessen Verband 27.000 Mitgliedsfirmen zur Konjunktur befragt hat. Besonders die Beschlüsse zur Rente mit 63 Jahren und die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns belasteten. Der DIHK rechnet im kommenden Jahr nur noch mit einem Wachstum von 0,8 Prozent - in etwa halb so viel wie bisher. Der Verband ist damit weit pessimistischer als die Bundesregierung, die 1,3 Prozent erwartet. Um der wachsenden Verunsicherung zu begegnen, sollte die Merkel-Regierung ein Signal mit steuerlichen Erleichterungen setzen, forderte Wansleben.

Auf Seite 2: "KAUM LICHTBLICKE IN DER INDUSTRIE"



"KAUM LICHTBLICKE IN DER INDUSTRIE"

Die Talfahrt des Ifo-Index - dem wichtigsten deutschen Konjunkturbarometer - sorgte bei Börsianern für schlechte Laune. Der Dax fiel um 0,7 Prozent auf 8917 Zähler. Die Erleichterung über den Ausgang des EZB-Bankenstresstests war damit nur von kurzer Dauer. Investoren hatten auf ein besseres Ergebnis in der Ifo-Umfrage gehofft. Denn zuletzt war der Einkaufsmanager-Index für die deutsche Industrie überraschend gestiegen - ebenso wie das GfK-Konsumklima.

Die vom Ifo-Institut befragten Firmenchefs schätzten sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter ein als im Vormonat. In den einzelnen Branchen fielen die Ergebnisse allerdings unterschiedlich aus. Im Großhandel und bei den Dienstleistern hellte sich die Stimmung auf, im Einzelhandel und im Baugewerbe sowie vor allem in der Industrie trübte sie sich ein. "In der Industrie gibt es kaum Lichtblicke", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe zu Reuters. Allein die Exporterwartungen seien besser ausgefallen. Es bleibe jedoch abzuwarten, ob dies nur ein Strohfeuer sei. Der Euro hat zuletzt zum Dollar deutlich an Wert verloren, was deutsche Produkte in vielen Ländern attraktiver macht.

Auf Seite 3: "ES GIBT AUCH POSITIVE IMPULSGEBER"



"ES GIBT AUCH POSITIVE IMPULSGEBER"

Ökonomen gehen nicht von einer langen Flaute aus. "Die Konjunktur durchläuft derzeit eine Schwächephase, die man mit dem Begriff Delle wohl am besten beschreiben kann", sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. Stimmungstöter seien geopolitische Risiken wie die Ukraine-Krise oder die Kämpfe in Nahost, die schleppende Erholung der Euro-Zone, Deflationssorgen und auch die deutsche Wirtschaftspolitik. Auch KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner sieht trotz der Probleme keinen Grund zum Schwarzsehen. "Mit den USA und der Konsumnachfrage in Deutschland gibt es auch positive Impulsgeber."

Das Wohl und Wehe der hiesigen Wirtschaft hängt aber vor allem davon ab, ob die Euro-Zone wieder Tritt fasst. Dorthin gehen fast 40 Prozent der deutschen Exporte. Nach einem Aufschwung sieht es allerdings nicht aus: Die Kreditvergabe der Banken in der Euro-Zone sank im September abermals, wie die Europäische Zentralbank herausfand. Diese hat bereits mit umfangreichen Maßnahmen auf den immer geringeren Kreditfluss reagiert. Die Notenbanker hoffen nun, dass die Banken nach dem europaweiten Stresstest für die Branche mehr Kredite vergeben. Bei dem Test waren 25 der von den Aufsehern untersuchten 130 wichtigsten Banken durchgefallen. Die gefundenen Kapitallöcher sind allerdings zum Teil bereits gestopft.

Reuters