"Wir rechnen in den kommenden Monaten mit einer Delle bei den Kaufpreisen, die bei minus zehn bis minus 25 Prozent liegen dürfte", schreiben die Experten des Analysehauses Empirica in ihrem aktuellen Marktbericht. Der Preisboom wäre damit erst einmal passé. "Je stärker und je länger die Rezession, desto schärfer der Preiseffekt." Fünf Faktoren nennen die Marktforscher, an denen sie die prognostizierten Preisrückgänge in den nächsten Monaten festmachen: steigende Zinsen, weniger Zuwanderung von außen sowie weniger Binnenwanderung in die angesagten Städte, Notverkäufe infolge von weniger Liquidität etwa bei Freiberuflern, weniger Neubau (als Folge von Problemen bei der Materialbeschaffung und von erhöhten Krankheitsquoten bei Mitarbeitern am Bau) und weniger Nachfrage von Kapitalanlegern.

Empirica: Ab Ende 2021 könnten die Wohnungspreise wieder steigen


Längerfristig, damit meint das Berliner Institut frühestens ab Ende 2021, rechnet Empirica wieder mit stagnierenden oder sogar wieder steigenden Kaufpreisen. Die Begründung: Im Jahr 2021 erwarten die Marktforscher eine schnelle Erholung der Wirtschaft. Die Zinsen würden wieder sinken, es werde corona-bedingte Zuwanderung aus anderen Ländern Europas und aus den USA geben, Notverkäufe seien dann kein Thema mehr, Kapitalanleger würden wieder vermehrt nach Wohnungen Ausschau halten und der Neubau werde weiterhin stocken, unter anderem wegen insolventer Bauträger.

Etwas anders sieht es bei den Wohnungsmieten aus, glauben die Experten. "Die Mieten werden erheblich weniger sowie eher nur für kurze Dauer nachgeben und danach wie schon vor Corona weiter stagnieren." Diese Formulierung wählen die Marktforscher genau so, weil sie auch ohne die Pandemie schon seit etwa eineinhalb Jahren in den sieben größten Städten Deutschlands von stagnierenden inserierten Neuvertragsmieten berichteten. Die Kaufpreise stiegen indes bislang immer weiter an, unter anderem wegen der niedrigen Zinsen. "Der längste Wohnungsmarktzyklus der Bundesrepublik", so schreibt Empirica, "hätte jetzt auch ohne Corona allmählich sein Ende gefunden."

IVD erwartet trotz Corona weiter steigende Mieten


Ein anderes Bild zeichnet der Immobilienverband Deutschland (IVD). Dessen Präsident Jürgen Michael Schick sagt voraus, vermietete Wohnimmobilien blieben trotz Corona eine sichere Anlage. Nach Einschätzung des Lobbyverbands könnte der Wohn-Investmentmarkt sogar zu den Gewinnern der Corona-Krise gehören. Begründung: Die Nachfrage nach Mietwohnungen bleibe konstant hoch, nennenswerte Preiseinbrüche im Mietwohnungsmarkt seien nicht zu erwarten. Da, wo Empirica also mit minus zehn bis minus 25 Prozent rechnet, geht der IVD von stabilen Preisen aus. Bei den Mieten glaubt Schick sogar daran, dass das Plus von durchschnittlich drei Prozent im Jahr 2019 in diesem Jahr auf ähnlichem Niveau fortgeschrieben wird. Also keine Einbußen aus der Sicht von Wohnungsvermietern.

Und noch ein Unterschied: Empirica rechnet damit, dass Großinvestoren wie Versicherungen Immobilien abstoßen könnten, um die Immobilienquoten in ihren Portfolios wieder auf den geplanten Wert zurückzufahren. Die Quoten waren infolge der Aktienkurseinbrüche automatisch hochgeschnellt. Der IVD hingegen kalkuliert so: Für professionelle Investoren würden Gewerbeimmobilien (Büros, Einzelhandel) wegen Problemen mit der Vermietung eher unterinteressanter. Demgegenüber werde das Interesse dieser Großanleger an Wohnimmobilien steigen.