Beim Bundesfinanzhof (BFH) sind eine Reihe von Verfahren anhängig, die Auswirkungen auf Einkünfte von Investoren haben. Die wichtigsten laufenden Musterprozesse im Überblick.
Der Hintergrund
In den bald zur Entscheidung anstehenden Fällen geht es um Kapitalerträge, Investmentfonds, Verlustverrechnung und Immobilienbewertung. Die BFH-Urteile können 2026 rückwirkende Folgen entfalten und Steuerbescheide mit Vorläufigkeitsvermerk beeinflussen. Die offizielle Entscheidungsvorschau des Bundesfinanzhofs listet offenen Verfahren, die für das neue Jahr für eine Entscheidung priorisiert sind.
Kapitalerträge und Derivate
- Erstattung und Verzinsung abgeltend einbehaltener Kapitalertragsteuer (Az. VIII R 32 / 21): Zu klären ist hier die Verzinsung unionsrechtswidrig einbehaltener, dann erstatteter Kapitalertragsteuer für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften – wichtig für internationale Anleger.
- Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Zinsswaps (Az. VI R 11 / 22): Der BFH muss prüfen, ob Verluste aus Termingeschäften wie Zinsswaps zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählen und damit freier verrechenbar sind. Aktuell ist die. Verlustverrechnung auf Kapitalerträge beschränkt.
ETFs und gemanagte Fonds
- Besteuerung von Erträgen aus ausländischen Investmentfonds (Az. VIII R 18/22): In dem Verfahren geht es umd die vorrangige Anwendung des Investmentsteuergesetzes, das seit 2004 für Privatanleger gilt. Die BFH-Richter müssen klären, ob Erträge nicht direkt zuzurechnen, sondern fondsspezifisch zu besteuern sind.
- Investmentsteuergesetz-Anwendung bei fehlendem Investmentfonds: Richterlich zu klären sind hier Grenzfälle der Fondsbesteuerung und wie eine doppelte Zurechnung von Erträgen nach Paragraf 39 Abgabenordnung zu vermeiden ist.
Weitere Wertpapiere
- Wirtschaftliches Eigentum bei strukturierter Wertpapierleihe (Az. I R 3 / 21): Der BFH muss klären, wie die wirtschaftlichen Eigentümer bei sicherungsübereigneter Aktien inklusive einer Dividendesteuerfreistellung zu bestimmen sind. Das Verfahren ist für zahrleiche Wertpapierleihe-Deals relevant
- Zulässigkeit von Steuerstundungsmodellen (Az. IV R 13/23): Der BFH muss über Verlustverrechnungsbeschränkungen bei modellhaften Gestaltungen nach Paragraf 15b Einkommensteuergesetz entscheiden. Diese betreffen etwa Investments in Windkraft, weitere erneuerbare Energien oder ähnliche Projekte.
Immobilien
- Klagewelle gegen die Grundsteuer-Reform Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen haben eigene landesrechtliche Regelungen , gegen die sich zahlreiche Eigentümer gerichtlich zur Wehr setzen.
- Bundesweit hatten nach Erhebungen des Augsburger Rechtswissenschaftlers Gregor Kirchhof 2,8 Millionen Eigentümer Einsprüche gegen ihre Grundsteuerwertbescheide eingelegt. Nachdem diese oft als unbegründet zurückgewiesen worden waren, haben rund 2000 betroffenen Steuerpflichtige bei den Finanzgerichten Klage eingereicht.
- Viele davon wurde in der Zwischenzeit in erster Instanz abgewiesen, werden den BFH aber weiter beschäftigen. In den Revisionsverfahren gegen die Ländergesetze wollen die obersten Finanzrichter 2026 entscheiden.
- Das sind die aktuell anhängige BFH-Verfahren zu Grundsteuer-Ländermodellen:
A. Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) Baden-Württemberg – Grundsteuer B: „Modifiziertes Bodenwertmodell“
1. Rs. II R 26/24 (Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2024 – 8 K 1582/23)
2. Rs. II R 27/24 (Vorinstanz: Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.06.2024 – 8 K 2368/22)
3. Rs. II B 45/25 (AdV) (Vorinstanz: Finanzgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.05.2025 – 8 V 789/25)
B. Hamburger Grundsteuergesetz (HmbGrStG) – Grundsteuer B: „Flächen-/Wohnlagenmodell“
1. Rs. II R 15/25 (Vorinstanz: FG Hamburg, Urteil vom 13.11.2024 – 3 K 176/23)
C. Hessisches Grundsteuergesetz (HGrStG) – Grundsteuer B: „Flächen-Faktor-Modell“
1. Rs. II R 12/25 (Vorinstanz: Hessisches FG, Urteil vom 23.01.2025 – 3 K 663/24)
D. Bayerisches Grundsteuergesetz (BayGrStG) – Grundsteuer B: „Wertunabhängiges Flächenmodell“
1. Rs. II R 33/25 (Vorinstanz: FG München, Gerichtsbescheid vom 18.06.2025 – 4 K 702/23)
2. Rs. II R 40/25 (Vorinstanz: FG München. Urteil vom 13.08.2025 – 4 K 164/25)
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