Wer ein Portfolio aus Wertpapieren, Gold und Kryptoanlagen besitzt, sollte rechtzeitig an die Vermögensnachfolge denken. Ein Experte erklärt, welche Fallen hier lauern
Börse Online: Viele Hochgebildete und beruflich Erfolgreiche verdrängen gerne das Thema „Letzter Wille“. Könnte es hier zu einem Umdenken kommen?
Markus Ross: Grundsätzlich beschäftigen sich viele Menschen nur sehr ungern mit ihrem eigenen Tod. Dies wird sich vermutlich nicht ändern lassen. Allerdings werden viele Menschen auch von der Umständlichkeit des analogen und überholten deutschen Systems abgeschreckt.
Was sind typische Fehler, die Verfassern von Testamenten unterlaufen?
Der häufigste inhaltliche Fehler, den Menschen machen, ist die unsystematische und unklare Formulierung ihres Willens im Testament. Darunter fallen beispielsweise Formulierungen, die nicht eindeutig sind oder Gestaltungen, die zu kompliziert sind.
Welche Formalien müssen eingehalten werden?
Formal ist zu beachten, dass das Testament, um gültig zu sein, komplett handschriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben sein muss und auch keinerlei maschinengeschriebene Anhänge angeheftet werden, oder es muss notariell protokolliert werden.
Kann auch ein mündlich erklärtes Testament ausnahmsweise gültig sein?
Das ist ein sehr seltener Fall. Nur ein öffentliches Testament, ein sogenanntes notarielles Testament, kann auch durch eine mündliche Erklärung errichtet werden. Allerdings ist es erforderlich, dass sowohl der Erblasser als auch der Notar anwesend sind und der Notar die mündliche Erklärung des Erblassers unmittelbar hören kann.
Was sollten die Verfasser beachten, wenn sie ihr Testament nachträglich ändern wollen?
Eine simple Änderung ist nie ratsam. Besser ist es, ein neues Testament unter Aufhebung des vorherigen zu formulieren. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass ein amtlich (bei Gericht) hinterlegtes Testament seine Gültigkeit verliert, wenn der Erblasser es sich herausgeben lässt. Dies gilt jedoch nicht für die bei Notaren oder Anwälten hinterlegten Testamente, oder auch bei solchen Testamenten, die zentral bei Hinterlegungsstelle.de hinterlegt sind.
Häufig werden Testamente zu Hause im Schrank oder Tresor aufbewahrt. Ist dies ratsam?
Nein, die Aufbewahrung zuhause ist nicht ideal. Denn in dem Fall kann die Person, die das Testament findet, dieses vernichten, wenn es nicht den eigenen Wunschvorstellungen entspricht. Dies kommt leider recht häufig vor, auch wenn ein solches Verhalten strafbar ist. Das Gesetz schreibt vor, dass der Finder eines Testaments es unverzüglich beim zuständigen Nachlassgericht einreichen muss.
Sie sind Initiator der Online-Plattform „Hinterlegungsstelle.de“ online. Wo ist der Unterschied zu einer Hinterlegung des Testaments bei Nachlassgerichten?
Unsere Plattform bietet für Nutzer mehrere Vorteile: Zum einen unterstützen wir bei der Erstellung des Testaments mit Mustervorlagen und einem Testamentsgenerator. Darüber hinaus ist die Hinterlegung deutlich einfacher und unkomplizierter. Nicht zuletzt ist auch die Änderung eines Testaments sehr viel simpler als etwa bei der amtlichen Verwahrung beim Nachlassgericht.
Ab wann solllte man sich darum kümmern?
Die heutige Dynamik des Lebens und das Anwachsen von Vermögen im vergleichsweise jungen Alter machen es oft erforderlich, ein Testament nicht erst im hohen Alter zu erstellen, und das Testament auch regelmäßig zu aktualisieren. Vor allem aber bieten wir nicht nur die Verwahrung von Testamenten an, sondern auch von Nachlassverzeichnissen, die ebenso wichtig sind wie ein Testament, sowie die Kombination mit Vorsorgedokumenten wie Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.
Diskutiert wird die Einführung eines digitalen Testaments. Welche gesetzlichen Änderungen sind dafür erforderlich?
Die digitale Einrichtung eines Testaments ist aktuell auf Basis der Rechtsvorschriften des BGB nicht möglich, da eine eigenhändig erstellte und unterschriebene Erklärung gefordert wird. Insofern ist bei der geltenden Rechtslage ein digitales Testament leider noch nicht rechtsgültig, und zwar weder in Form einer Videoaufnahme oder Sprachnachricht noch einer digitalen Textdatei. Die entsprechenden Vorschriften stammen aus der Zeit zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts und bedürfen dringend einer Modernisierung. Hier sollte der Gesetzgeber nachbessern und die Anforderung eines handschriftlichen Testaments aufheben.
Wie müsste dafür bei deutschen Behörden technisch nachgerüstet werden?
Vorreiter im Bereich digitaler Testamente sind die USA, wobei die Regelungen von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich sind. Hierfür müssen verschiedene technische Voraussetzungen erfüllt sein und bestimmte Vorgaben eingehalten werden. In Deutschland müssten nicht nur Gesetze geändert, sondern auch die entsprechenden technischen Voraussetzungen geschaffen werden.
Worum geht es hier ganz konkret?
Wichtig dafür sind diese Punkte:
- Das Testament muss in einer elektronischen Akte erstellt werden,
- die elektronische Unterschrift des Erblassers muss ermöglicht werden,
- das Testament muss für den Erblasser Authentifizierungsmerkmale enthalten (Fingerabdruck, Gesichtserkennung, Spracherkennung),
- es ist eine elektronische Signatur eines Notars oder von Zeugen notwendig,
- es muss ein Identitätsnachweis erfolgen, sei es durch die biometrische Verifizierung der Identität oder einen Ausweis.
Was ist zu beachten, wenn Nachlassdokumente in der Blockchain liegen?
In der Blockchain sind Dokumente grundsätzlich für jeden einsehbar, der eine Möglichkeit zum Zugriff darauf hat. Insofern sollten keine sensiblen Daten in der Blockchain hinterlegt werden, wie zum Beispiel Vermögensaufstellungen und. Zugangsdaten Aktuell entfaltet allerdings kein Nachlassdokument, das in der Blockchain abgelegt wird, eine Rechtswirkung,
Künftige Erblasser beschäftigen sich neben der Verfassung eines Testaments auch mit den Themen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Welche Besonderheiten sind hier zu beachten?
Auch hier gibt es bestimmte Formvorschriften und andere Vorgaben zu beachten, um Fehler zu vermeiden und die Rechtsgültigkeit sowie die Nutzbarkeit der Dokumente sicherzustellen. Hinterlegungsstelle.de stellt rechtssichere Vorlagen kostenlos als ausfüllbare PDF-Datei zur Verfügung. Wichtig ist auch die Registrierung der Vorsorgedokumente beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer in Berlin, damit sie im Notfall auch sofort gefunden werden und die bevollmächtigten Personen benachrichtigt werden können. Und die Bevollmächtigten sollten frühzeitig über ihre Vollmacht informiert werden und auch darüber, wo die Originalvollmacht aufbewahrt wird.
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Zur Person:
Diplom-Volkswirt Markus Ross ist Geschäftsführer und Gründer der Plattform Hinterlegungsstelle.de. Das Unternehmen bietet Kunden die Hinterlegung von Testamenten, Nachlassverzeichnissen und sonstigen Vorsorgedokumenten.
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