Daher entspanne sich die Lage der 80 Lebensversicherer, von denen die BaFin nur noch 15 unter verschärfter Beobachtung habe. Zu Jahresbeginn waren es noch 20 gewesen, denen die Behörde genauer auf die Finger schauen musste. Unter den 135 Pensionskassen seien es rund 30, aber eher kleine Anbieter. "Mit Leistungskürzungen bei größeren Pensionskassen rechne ich nicht", sagte der 64-Jährige.
Wenn der 10-jährige Swap-Zinssatz auf dem gegenwärtigen Niveau bleibe, müssten die Lebensversicherer schon in diesem Jahr kein Geld mehr für die Zinszusatzreserve (ZZR) zurücklegen, die seit 2011 auf 100 Milliarden Euro angeschwollen ist, sagte Grund. Die ZZR sei dann ausfinanziert. Die Aufseher hatten die Unternehmen zur Bildung der Rückstellungen angehalten, damit sie ihre langfristigen Renditezusagen an die Kunden trotz der Dauer-Niedrigzinsen am Markt sicher einhalten könnten. Ein Abbau der ZZR sei aber 2022 nicht zu erwarten, sagte Grund: "Vielleicht ein bisschen im nächsten Jahr, nennenswert erst 2024."
Perspektivisch könnten die Lebensversicherer seiner Ansicht nach dann auch wieder höhere Überschussbeteiligungen bieten, die seit der Finanzkrise auf Talfahrt sind. Grund wollte sich nicht festlegen, wann es so weit sein könnte. Viele Unternehmen haben sich allerdings im Neugeschäft von den langfristigen Garantien weitgehend verabschiedet, weil diese nach den EU-Kapitalregeln ("Solvency II") viel Kapital binden.
Gleichzeitig knabbern die höheren Zinsen aber an den stillen Reserven der Versicherer, weil die Kurse der Anleihen, in die sie einen Großteil der Kundengelder stecken, zurückgehen. Die 30 Milliarden Euro stillen Reserven, auf denen die Branche Ende des vergangenen Jahres saß, seien wohl schon jetzt "mehr oder weniger weg", sagte Grund. Vermutlich bauten sich schon stille Lasten auf. Sorgen mache ihm das aber nicht, weil die Papiere im langfristigen Anlagevermögen der Lebensversicherer liegen und keine Abschreibungen nach sich ziehen.
Die hohe Inflation macht der BaFin nur mit Blick auf die Schaden- und Unfallversicherer Sorgen. Sie müssten prüfen, ob ihre versicherungstechnischen Rückstellungen noch reichten, wenn die Begleichung der Schäden immer teurer würde. "Das werden wir uns als Aufsicht auch anschauen", kündigte Grund an. Für die Krankenversicherer seien die Preissteigerungen beherrschbar, weil sie die Möglichkeit hätten, die Beiträge entsprechend zu erhöhen. Für die privat Krankenversicherten könnte es damit teurer werden.