Wo jetzt die Risiken für die Märkte liegen, wie hoch sie sind. Und wie Sie sich am besten vorbereiten
Erfreulich stark, ja überdurchschnittlich. Das Börsenjahr 2023 hat Anlegern kräftige Gewinne beschert. Der DAX hat seit Januar rund 13 Prozent an Wert gewonnen, an der Wall Street kletterte der breite US-Index S&P 500 um 15 Prozent, die Technologiebörse Nasdaq rannte gar 29 Prozent ins Plus. Zum Vergleich: Im historischen Schnitt liefert der DAX gerade mal knapp acht Prozent Rendite pro Jahr.
Gleichwohl ist es eine seltsame Rally. Denn sie spielt sich vor einem düsteren Hintergrund ab. Der Ukraine-Krieg dauert seit mehr als eineinhalb Jahren an, Aussicht auf ein Ende gibt es nicht. Die Inflation hält Europa fest im Griff, die Teuerung lag zuletzt mit über fünf Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht. Zu hoch für EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die den Leitzins unlängst zum zehnten Mal in Folge erhöhte. Ein neuer Zinsrekord in Eurozeiten.
Der Krieg und die neue Blockbildung auf dem Globus, der Kampf um die wirtschaftliche Vormachtstellung zwischen Europa und den USA sowie aufstrebenden Mächten um China, Indien und Russland hinterlässt seine Spuren. Etwa auf den Rohstoffmärkten. Russland und Saudi-Arabien ziehen bei der Verknappung der Rohölproduktion augenscheinlich an einem Strang. Das dünne Angebot treibt den Ölpreis und so die Kosten von Firmen und Verbrauchern.
Steigende Preise, anziehende Leitzinsen sowie eine vielerorts schleppende Konjunktur, zumal in Deutschland — ist das wirklich ein Umfeld, in dem Kurse nachhaltig steigen können? Einer der erfahrensten Börsenkenner Deutschlands tendiert hier klar in eine Richtung: „Da bin ich nicht so optimistisch“, sagt Jens Ehrhardt, erfolgreicher Vermögensverwalter mit reichem Erfahrungsschatz. Ehrhardt verfolgt das Auf und Ab an den Märkten seit fast sechs Jahrzehnten.
Abstürze im Herbst
Während viele Auguren weiter an steigende Kurse glauben, oder es zumindest vorgeben, mahnt der Experte aus dem Münchner Vorort Pullach zur Vorsicht. Gerade jetzt. Dass der Herbst richtig gefährlich werden kann, zeigt ein Blick in die Historie: Der Crash nach der Lehman-Pleite 2008 etwa begann im September. Der Schwarze Montag 1987 mit Rekordverlusten an der Wall Street sowie der berüchtigte Schwarze Freitag, der 1929 den Auftakt zur Weltwirtschaftskrise markierte — es waren Handelstage im Oktober.
Börsenabsturz? Woher soll der kommen, fragen sich dabei viele Anleger, zumal der DAX, wie vorvergangene Woche, sogar mit Kursgewinnen auf die Leitzinserhöhung der EZB reagierte.
Tatsache aber ist, dass die Notenbanken so hart auf die Zinsbremse treten wie seit Jahrzehnten nicht. Fakt ist auch, dass steigende Zinsen Gift sind für Aktienkurse. Denn sie machen risikoarme Anlagen wie Staatsanleihen attraktiver und lassen Aktien sogar im Vergleich zu Festgeld schlechter aussehen. Und sie bremsen die Unternehmensgewinne. Das war im Dot.com-Crash der Jahrtausendwende so, als der damalige Fed- Chef Alan Greenspan die Zinsen hochschraubte. Und es könnte wieder so kommen.
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Weitere Themen im Heft:
Trügerische Idylle
In Deutschland bricht der Neubau von Wohnimmobilien ein, zugleich steigt der Bedarf. Die Aktien von Bestandshaltern ziehen wieder an (S.22)
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Diesem Konzern wurden große Mengen Kupfer gestohlen, was das Ergebnis belastet. Dadurch sind Teilschutz-Zertifikate interessant (S.28)
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Die Tage der Zerobroker dürften gezählt sein. Doch noch sind sie gut im Geschäft. Was sie ihren Kunden bieten – und was „kostenlos“ wirklich kostet (S.34)
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Chip, Chip, hurra
Dieser Chipdesigner kehrt fulminant an die Börse zurück. Die Bewertung preist viel Zukunft ein und schürt so große Erwartungen (S.46)
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