Fed-Mitglieder warnen vor zu frühen Lockerungen und plädieren für nachhaltig hohe Zinsen. Doch Goldinvestoren muss das nicht beunruhigen. Von Markus Bussler
Der Wochenstart fiel für Gold, Silber und Minenaktien ins Wasser. Kein Wunder, meldete sich doch einmal mehr James Bullard, CEO der Federal Bank of St. Louis, zu Wort. Seiner Ansicht nach müssen die Zinsen auf sieben Prozent steigen, um Preisstabilität zu erzielen (siehe auch Seite 14). Doch frei nach Johann Wolfgang von Goethe: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Die Währungshüter sind sich aber nicht einig. Charles Evans, Fed-Chef von New York, plädiert für ein langsameres Vorgehen.
Starker Aktienmarkt? Nein danke
Es ist nicht nur die Verschuldung der USA, die an einem Zinssatz in diesem Bereich Zweifel aufkommen lässt. Sieben Prozent würde die Refinanzierung auslaufender Staatsanleihen enorm nach oben treiben. Es ist vor allem die Sorge um die US-Wirtschaft, die einen solchen Zinssatz doch arg hoch erscheinen lässt. Die Inversion der Zinskurve deutet auf eine Rezession hin. Sobald sich die Anzeichen verdichten, dass wir auf eine Rezession zusteuern, wird die Notenbank ihre Zinspolitik überdenken müssen. Die Rhetorik freilich wird bleiben. Warum? Die Notenbank will keinen starken Aktienmarkt. Ein starker Aktienmarkt bewirkt, dass sich die Amerikaner reicher fühlen. Und wer sich reicher fühlt, der konsumiert mehr. Aber genau das kann die Notenbank bei ihrer Inflationsbekämpfung nicht gebrauchen — einen anziehenden Konsum. Deshalb wird sie mit Rhetorik versuchen, den Aktienmarkt im Zaum zu halten, da die Luft in Sachen Zinsanhebungen allmählich dünner wird.
Die Bullen bleiben beim Goldpreis am Drücker
Der Goldpreis freilich hat ebenfalls reagiert. Ebenfalls alles andere als positiv. Der US-Dollar, seit Wochen in einem Abwärtstrend, konnte kurzzeitig aufatmen. Aus technischer Sicht bleibt es nichts Ungewöhnliches, was wir gesehen haben. Auch wenn die Verluste bei den Minenaktien, die sich in der Vorwoche noch gut entwickelt haben, am Montag doch schmerzhaft gewesen sind. Doch die Ausgangslage hat sich dadurch nicht verändert. Für die Goldbullen kommt es in den kommenden Tagen und Wochen darauf an, den Bereich um die 1.730 Dollar zu verteidigen. Gelingt das, dann darf mit einem Angriff auf die 1.800-Dollar-Marke gerechnet werden. Ein Sprung bis in den Bereich von 1.820 bis 1.833 Dollar wäre dann aus technischer Sicht möglich. Das wäre unmittelbar ein bullishes Szenario für Gold. Ein Bruch von 1.730 Dollar wäre nicht das Ende der Welt, würde die technische Situation aber etwas komplizierter machen, da der Bereich von 1.680 bis 1.660 Dollar wieder ins Spiel käme. Aktuell schlagen sich die Bullen wacker und arbeiten an einem neuen Aufwärtstrend. Egal, welche rhetorischen Tricks die Falken der Fed auspacken.
Dieser Artikel erschien zuerst in Euro am Sonntag 48/2022. Hier erhalten Sie einen Einblick ins Heft.