FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aktien von Tui sind am Mittwoch im Xetra-Handel auf Talfahrt gegangen. Ungeachtet erfreulicher Geschäftsjahreszahlen und einem optimistischen Ausblick auf 2022/23 ging es für die Papiere von Europas größtem Reiseunternehmen um fast 10 Prozent abwärts auf 1,556 Euro - zurück an ihre 50-Tage-Linie. Denn die am Vorabend angekündigte Kapitalerhöhung kam bei den Anlegern gar nicht gut an.

Wie Tui am Vorabend mitteilte, sollen mit der Ausgabe neuer Aktien bis Ende 2023 die Hilfsgelder des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zurückgezahlt werden. Mit diesen hatte die Bundesregierung den Reisekonzern angesichts des Geschäftseinbruchs infolge der Corona-Pandemie vor dem Aus gerettet. Zudem soll mit einem "Reverse Split" die Aktienanzahl verringert und für zehn alte Anteile ein neuer ausgegeben werden, womit die Aktien optisch wieder deutlich teurer werden.

Analyst Richard Clarke von Bernstein Research sprach mit Blick auf den Geschäftsbericht des Tourismuskonzerns zwar von einem versöhnlichen Jahresabschluss, "das Thema" aber sei die angekündigte Kapitalerhöhung samt der Aktienzusammenlegung. Sie sei schon seit einiger Zeit erwartet worden. Nach dem guten Lauf der Aktien nutze das Management wohl die Gunst der Stunde, so der Experte. "Klar positiv" ist aus seiner Sicht, dass nun das Risiko beseitigt wird, dass der WSF selbst Großaktionär des Konzerns werden könnte. Denn der WSF verzichtet gemäß einer Vereinbarung bis Ende 2023 auf das Recht, die Stille Einlage in neue Tui-Aktien zu wandeln.

Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von Robomarkets nahm ebenfalls vor allem die Rückzahlung der staatlichen Hilfen unter die Lupe. Der "Reverse Split" der Aktien auf der einen Seite und die dann folgende Kapitalerhöhung zu einem höheren Aktienkurs nannte er "aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus sinnvoll". Dadurch minimiere Tui die Zinskosten, da Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt wird.

"Ob allerdings die Kapitalerhöhung am Markt auf große Nachfrage trifft, ist die andere Frage", gab Molnar zu Bedenken. "Ein Unternehmen, das noch in der Verlustzone operiert und keine Verzinsung in Form von Dividenden offeriert, dürfte wohl nur für risikofreudigere Investoren infrage kommen."

Die vorgelegten Zahlen für 2021/22 und der Ausblick auf das neue Geschäftsjahr kamen bei Analysten überwiegend gut an. Analyst James Wheatcroft von Jefferies etwa lobte insbesondere die Ergebniskennziffern als positiv. "Zum ersten Mal seit der Pandemie sind im vierten Quartal alle Segmente in die Gewinnzone zurückgekehrt", schrieb Sophie Lund-Yates, Aktienanalystin bei Hargreaves Lansdown, die allerdings auch auf wachsende Unsicherheiten angesichts des allgemeinen Wirtschaftsumfeldes aufmerksam machte.

UBS-Analyst Cristian Nedelcu verwies auf das im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder spürbar besser laufende Wintergeschäft, auch wenn es noch nicht zurück sei auf dem Niveau vor der Pandemie. Immerhin aber seien bereits 54 Prozent der Angebote gebucht worden, im Vergleich zu 43 Prozent ein Jahr zuvor und 59 Prozent im Geschäftsjahr 2018/19.

Er hob auch die vom Reisekonzern gegebene Prognose eines deutlichen Anstiegs des operativen Ergebnisses (Ebit) für das neue Geschäftsjahr 2022/23 hervor, während Wheatcroft noch betonte, dass außerdem der mittelfristige Ausblick 2025/26 bestätigt worden sei./ck/ag/jha/

Quelle: dpa-Afx