FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax bleibt wegen Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen im freien Fall. Erstmals seit November 2020 sackte er am Mittwoch unter die Marke von 12 000 Punkten, die psychologisch von großer Bedeutung ist. Zur Mittagszeit büßte der Leitindex 1,84 Prozent auf 11 916,55 Punkte ein. Der MDax fiel um 2,86 Prozent auf 21 702,52 Zähler und der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 1,8 Prozent an Wert.

"Es droht eine weitere Handelswoche des Grauens", urteilte der Marktbeobachter Timo Emden. Bislang hat der Dax im Laufe dieser Woche schon wieder mehr als 3 Prozent verloren. Seit dem Zwischenhoch vor gut zwei Wochen hat er nun schon mehr als zwölf Prozent eingebüßt. Laut dem Marktbeobachter Christian Henke vom Broker IG hat der Präsident der Notenbank von St. Louis, James Bullard, mit seinen neuesten Aussagen eine nächste Verkaufswelle losgetreten.

Bullard und weitere US-Notenbanker erneuerten ihre Forderungen nach mehr Zinserhöhungen, was weltweit die Sorgen vor einer Rezession erhöht. "Nachrichten, die die Talfahrt aufhalten könnten, sind nicht zu sehen", gibt sich Henke daher pessimistisch. Hinzu kommen neuerdings Sorgen um die Stabilität des Energienetzes, nachdem entdeckte Lecks an den beiden Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 mit einem möglichen Sabotageakt in Verbindung gebracht werden.

Auf Unternehmensseite gab es heftige Kursverluste im Bankensektor, wie die mehr als sieben Prozent tieferen Papiere der Deutschen Bank als Dax-Schlusslicht zeigten. Den Werten setzten sowohl die immer stärker werdende Wirtschaftsabschwächung in Europa als auch Milliardenstrafen in den USA zu. Insgesamt 16 Unternehmen aus der Finanzbranche sollen laut Mitteilung der US-Börsenaufsicht SEC gut 1,1 Milliarden US-Dollar an Strafe zahlen.

Ähnlich stark erwischte es jene der Commerzbank mit sechs Prozent Minus. Wie am Vorabend bekannt wurde, wird die polnische Tochter mBank das Geldinstitut auch im dritten Quartal belasten wegen einer gebildeten zusätzlichen Vorsorge in Höhe von umgerechnet rund 490 Millionen Euro.

Noch düsterer sah es im Stahlsektor aus wegen einer Branchenstudie der US-Bank JPMorgan, die pessimistisch auf die Profitabilität im Kohlenstoffstahlbereich blickt. Für die Titel von Thyssenkrupp ging es um 11,4 Prozent bergab, nachdem Analyst Luke Nelson die Bewertung mit "Underweight" wieder aufgenommen hat. Für den stärker auf Stahl fokussierten Salzgitter-Konzern belief sich der Kursrutsch sogar auf fast 14 Prozent.

Auf Unternehmensseite waren steigende Kurse am Mittwoch äußerst selten, vor allem aus der Gesundheitsbranche gab es aber einige positive Ausnahmen. Die Werte dieser Branche gelten als relativ defensiv in schwierigen Börsenzeiten, aber auch ein Studienerfolg des US-Konzerns Biogen mit dem Alzheimer-Medikament Lecanemab machte dort generell gute Stimmung. Die Titel von Merck waren im Dax mit 1,10 Prozent der größte unter nur zwei Gewinnern.

Vor allem aber half der Erfolg von Biogen den Aktien von Morphosys , die im SDax um 19 Prozent in die Höhe schossen. Analyst James Gordon von JPMorgan zog aus den Studienergebnissen positive Rückschlüsse für den Antikörper Gantenerumab von Roche und MorphoSys, der auch gegen Alzheimer-Erkrankungen entwickelt wird. Laut Gordon verfolgt dieser den gleichen Mechanismus, sodass sich die Unternehmen vielleicht einen Teil vom Kuchen abschneiden können./tih/zb

Quelle: dpa-Afx