FRANKFURT (dpa-AFX) - Ungeachtet der jüngsten Jahrestiefs müssen sich die Anleger zunächst wohl auf weitere Verluste an den Börsen einstellen. Angesichts von Wirtschafts-, Inflations- und Zinssorgen sowie der Energiekrise "wundert es nicht, dass die Anleger Sicherheit suchen und Aktien meiden", schreibt Aktienstratege Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen in seinem Ausblick auf die neue Woche. Auch vor diesem Hintergrund sei der September als der im langfristigen Durchschnitt schlechteste Börsenmonat "seinem Ruf abermals gerecht geworden". Reinwands Kollege Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg befürchtet, dass "in den bereits markant gesunkenen Kursen zwar schon vieles verarbeitet ist, aber wohl längst noch nicht alles".

Etwas Hoffnung auf Besserung schürt der Blick in die Vergangenheit. Denn "mit den Monaten Oktober bis Dezember steht nun das typischerweise beste Quartal des Börsenjahres bevor", so Streich. Allerdings begännen die Analysten gerade erst mit der Senkung ihrer Schätzungen für die Unternehmensgewinne. Und da die Prognosen deutlich nach unten revidiert werden dürften, seien die derzeitigen Bewertungen sogar noch schmeichelhaft. Reinwand hält ebenfalls einen weiteren Rückgang des deutschen Leitindex Dax für möglich, wenngleich deutsche Standardwerte auf Basis gängiger Bewertungskennziffern bereits klar unterbewertet seien.

"Derzeit gibt es an den Kapitalmärkten kaum Lichtblicke", konstatiert Andrew Pease, Investmentexperte beim US-Anlage- und Beratungsunternehmen Russell Investments. Vorsichtig optimistisch für die weitere Entwicklung stimmt ihn aber die bereits sehr negative Anlegerstimmung. Diese "könnte ein Indikator dafür sein, dass die Märkte die schlechten Nachrichten bereits eingepreist haben". Dafür spreche etwa der klar überverkaufte Composite Sentiment Index von Russell Investments, der anhand einer Reihe technischer Indikatoren, Positionsdaten und Umfragen die Anlegerstimmung für den marktbreiten US-Aktienindex S&P 500 messe.

Die neue Woche dürfte noch wenig Hinweise darauf liefern, inwieweit die Geschäftszahlen und Ausblicke der Unternehmen die Erwartungen erfüllen: Angesichts der erst anlaufenden Berichtssaison für das vergangene Quartal sieht der Kalender sehr übersichtlich aus. Zu den wenigen Ausnahmen zählen die für Mittwoch angekündigten Angaben des Leasingspezialisten Grenke zum Neugeschäft.

Ebenfalls zur Wochenmitte informiert die britische Supermarktkette Tesco über das erste Geschäftshalbjahr und der französische Luxusgüterhersteller Kering über die Umsatzentwicklung im dritten Quartal. Tags darauf finden Kapitalmarktveranstaltungen des Pharma- und Spezialchemiekonzerns Merck KGaA sowie des Rückversicherers Hannover Rück statt.

Etwas praller ist die Konjunkturagenda gefüllt. Am Montag und Mittwoch stehen Einkaufsmanager-Indizes für die Industrie beziehungsweise den Dienstleistungssektor aus der Eurozone, Großbritannien und den USA auf dem Zettel. Traditionell noch mehr Beachtung findet allerdings der monatliche Arbeitsmarktbericht der US-Regierung am Freitag, der die Geldpolitik der US-Notenbank stark beeinflusst. Die Fed hat den soliden Arbeitsmarkt als Argument gegen eine tiefe Rezession angeführt und will mit starken Zinserhöhungen die hohe Inflation in den Griff bekommen. Höhere Zinsen aber lassen Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv erscheinen.

Bereits am Mittwoch und Donnerstag werden der Arbeitsmarktbericht des Dienstleisters ADP für die Privatwirtschaft sowie die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe veröffentlicht. Sie gelten als Indikatoren für den offiziellen Arbeitsmarktbericht, deren Aussagekraft in der Vergangenheit allerdings unterschiedlich gut war./gl/la/he

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx