FRANKFURT (dpa-AFX) - Angesichts des bald auslaufenden Aufschubs für höhere US-Zölle auf EU-Waren richten Anleger ihren Fokus in der neuen Woche wieder stärker auf den Handelsstreit. Auch die Zinsperspektiven in den USA bleiben zentrales Thema. Die Nahostkrise ist indes durch die Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran sowie mögliche neue Atomgespräche zwischen USA und Iran etwas in den Hintergrund gerückt. Was bleibt, ist die Hoffnung auf Lösungen am Verhandlungstisch.
"Sollten aus Washington erneut protektionistische Schritte kommen, dürfte das die Erwartungen und damit die Stimmung spürbar belasten", schrieben die Experten der Landesbank Baden-Württemberg. Bis zum 9. Juli muss eine Lösung gefunden werden, denn dann will US-Präsident Donald Trump noch höhere Zölle in Kraft treten lassen. Eine gewisse Zuversicht im US-Handelsstreit besteht mittlerweile, denn mit China schlossen die USA eine Vereinbarung und im Handelskonflikt mit der EU legten die USA mittlerweile ein neues Angebot vor.
Die Experten von Index-Radar sehen nun in der 24.000-Punkte-Marke das nächste Ziel für den Dax
Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets sieht den Dax daher "nur noch im Schatten der Wall Street", denn die Börsenampel bleibe jetzt primär in New York auf Grün. Hier sind die US-Börsen teilweise auch einen Schritt voraus, weil dort schon längst wieder Rekorde zum Thema geworden sind - beim Nasdaq 100 und auch beim S&P 500.
Auch Index-Radar sieht den US-Aktienmarkt "auf der Überholspur", getragen von wachsender Zinssenkungsfantasie und dem schwachen US-Dollar. Die europäische Gemeinschaftswährung hat mittlerweile über der Marke von 1,17 US-Dollar ihren höchsten Stand seit 2021 erreicht, und dies wird laut dem Robomarkets-Experten Molnar für die deutschen Exporteure tendenziell zu einem Bremsklotz.
"Vieles spricht deshalb dafür, dass die Börsenparty in New York zwar weiterläuft, der Dax aber froh sein kann, dass er dank dieses Rückenwinds um eine Korrektur herumkommt", fuhr Molnar in seinem Kommentar fort. Von einer Korrektur sprechen Experten bei einem deutlicheren Rücksetzer in einem ansonsten aber intakten Aufwärtstrend. Mit einem 20-prozentigen Jahresplus steht der Dax aktuell gut da.
Im Iran-Israel-Konflikt kam vor wenigen Tagen mit dem Waffenstillstand und einer von US-Präsident Donald Trump angestrebten Verhandlungsrunde über das iranische Nuklearprogramm Erleichterung auf. Die Ölpreise sanken, die Aktienkurse zogen an. Im Fokus der Börsianer steht daher wieder eher der Megatrend Künstliche Intelligenz, die Ausgabenziele der Nato sowie die Infrastrukturpläne Deutschlands. Hinzu kommt noch das Thema Geldpolitik mit der Hoffnung auf baldige Zinssenkungen in den USA.
Signale, wie es um die US-Wirtschaft und damit auch um den Handlungsspielraum der Notenbank Fed bestellt ist, dürften Wirtschaftsdaten liefern. Am Dienstag und Donnerstag stehen die ISM-Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie und die Dienstleistungsbranche auf der Agenda. Bereits am Donnerstag wird in den USA auch der monatliche Arbeitsmarktbericht vorgelegt, weil am sonst üblichen Freitag der "Independance Day" den US-Amerikanern ein langes Wochenende beschert.
Experte Hans-Jürgen Delp von der Commerzbank sieht den klaren Fokus auf dem US-Jobbericht, bei dem er einen Aufbau von 110.000 Stellen erwartet. Damit gleiche die Lage der Ausgangssituation bei der letzten großen Zinslockerung im September 2024. Vielleicht auch getrieben vom Druck, den Präsident Trump ausübt, steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed noch in diesem Jahr an der Zinsschraube dreht. Laut der DZ Bank wird am Markt mehrheitlich mit zwei Zinssenkungen gerechnet, und zwar im September und im Dezember.
In Europa dürfte der Datenfokus auf Zahlen zur Entwicklung der Verbraucherpreise im Juni liegen, die am Montag zunächst in Deutschland und am Dienstag auf Eurozonen-Ebene veröffentlicht werden./tih/mis/jha/
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx