Da hatte Continental-Chef Elmar Degenhart einen vorsichtigen, ja geradezu defensiven Ausblick geliefert: Der Umsatz des Autozulieferers und Reifenherstellers soll 2016 organisch bloß um fünf Prozent auf rund 41 Milliarden Euro wachsen. Die bereinigte Ebit-Marge soll über 10,5 Prozent liegen. Klingt gut. Doch zum Vergleich: Im vergangenen Jahr beschleunigte Conti den Umsatz um 14 Prozent auf 39,2 Milliarden Euro. Die operative Gewinnmarge erreichte 11,8 Prozent. Gleichwohl fuhr die Aktie an die Pole Position im DAX.

Doch wer das Unternehmen kennt, weiß, dass Chef Degenhart und sein Finanzmann Wolfgang Schäfer auf eine konservative Kommunikation mit dem Finanzmarkt setzen. Solidität und Verlässlichkeit geht vor medienwirksamen Zielen. In den vergangenen Jahren hatten die Niedersachsen jeweils moderate Ausblicke veröffentlicht und die Prognosen dann im Laufe des Jahres mit schöner Regelmäßigkeit angehoben - und am Ende übertroffen. Dass wissen Börsianer und deshalb steigt die Aktie, obwohl das Wachstum laut Prognose deutlich nachlässt.

Allerdings sollte die solide Finanzkommunikation Anleger nicht darüber hinweg täuschen, dass auch der nach Bosch zweitgrößte Autozulieferer der Welt sich in einem anspruchsvollen Marktumfeld bewegt. Die Konjunkturschwäche in China dämpft den Absatz der Kunden von Conti, allen voran der Premiummarken wie BMW oder Audi. In den teuren und hochwertigen Fahrzeuge sind aber viele elektronische Helferlein eingebaut, Assistenz- und Steuerungssysteme, Sensoren und Motoren, die dem DAX-Konzern aus Hannover seit Jahren gute Wachstumsraten und solide Gewinne bescheren.

Bei aller Bescheidenheit steckt in Degenharts Ausblick aber ein klares Ziel: Conti will weiter Marktanteile gewinnen, denn das angepeilte Umsatzplus liegt abermals über dem von Marktforschern geschätzten Marktwachstum für das laufende Jahr. Die Voraussetzungen dafür sind gut, schließlich sind die Niedersachsen gerade im Überschneidungsbereich von Mechanik, Elektronik bis hin zu Software und Sensorik gut aufgestellt. Der Chef will Conti künftig weiter in den Zukunftsträchtigen Feldern verstärken, um für die digitale Vernetzung der Fahrzeuge und dem Trend zum autonomen Fahren gerüstet zu sein.

Geld dafür hat das Unternehmen, dass einst in der Finanzkreise beinahe an seiner Schuldenlast gescheitert wäre. Zwar sind die Nettofinanzschulden wegen einiger Übernahmen, etwa des US-Kautschuk- und Kunststoffspezialisten Veyance für 1,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 3,5 Milliarden Euro gestiegen. Doch bloß um 700 Millionen Euro, den Rest finanzierte das Unternehmen weitgehend aus dem Cash-Flow.

Selbstbewusst verweist Degenhart auf die Kriegskasse, die mit 5,2 Milliarden Euro gut gefüllt ist. "Wir wollen in diesem Jahr konsequent und fokussiert die Chancen erschließen, die sich uns durch neue, digitale Mobilitätskonzepte eröffnen", sagte der Conti-Chef und kündigt damit weitere Zukäufe an.

Überdies verfügt das Unternehmen mit seiner Reifensparte über ein solides Geschäft, das ebenfalls stärker wächst als der Markt. Während 2015 der Reifenmarkt in Europa stagnierte und das Volumen den USA um drei Prozent stieg, verkaufte Conti fünf Prozent mehr. Die Marke ist stark und die Hannoveraner setzen das in klingende Münze um. Im Reifengeschäft, das rund 40 Prozent des Umsatzes liefert, erreicht Conti eine operative Marge von knapp 16 Prozent. Hier schlägt sich nieder, dass das Unternehmen im Gegensatz zur Automotive-Sparte nicht nur mit marktmächtigen Kunden wie Automobilkonzernen verhandelt, sondern mit dem Handel und diversen Vertriebspartnern. Gleichwohl steigerte Conti auch im Zulieferergeschäft die operative Marge auf rund neun Prozent - und hier soll sie auch im laufenden Jahr bleiben. Das spricht für die Innovationskraft der Niedersachsen.

Die guten Zahlen für 2015 bestätigen unsere Einschätzung. Auch der vorsichtige Ausblick scheint angemessen und bei näherer Betrachtung durchaus positiv. Die Aktie bleibt aus unserer Sicht ein Kauf.

Stopp: 170,00 Euro; Ziel: 240,00 Euro