Zwar gilt US-Finanzminister Steven Mnuchin, der in Argentiniens Hauptstadt erwartet wird, als einer, der den harten handelspolitischen Kurs von Trump selbst mit Skepsis sieht. Doch entscheidend auf US-Seite sind eben Trump und andere, nicht der Finanzminister.

"Man muss aufpassen, dass der Handelskonflikt nicht alle anderen Themen überschattet", sagte ein G20-Insider. Schon im vergangenen Jahr, als Deutschland die Präsidentschaft in dem exklusiven Club der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer führte, hatte Trump und seine Mannschaft die meisten anderen Themen in den Hintergrund gedrückt und den Hamburger G20-Gipfel fast zum Scheitern gebracht. Um das zu verhindern, wurde damals eine Formulierung gefunden, auf die man inzwischen gerne zurückgreift - weil sie für jeden etwas bietet. Darin wird der internationale Handel einerseits als "wichtiger Motor" für Wachstum, Produktivität, Innovation und neue Jobs gewürdigt. Die Rede ist von "offenen Märkten", vom Kampf gegen den Protektionismus, aber eben auch vom Kampf gegen unfaire Praktiken und von legitimen Verteidigungsinstrumenten.

Was den G20-Finanzministern nicht nur in Verbindung mit dem Handelsstreit, der im Grunde gar nicht zu ihren engeren Zuständigkeiten zählt, immer mehr Kopfschmerzen bereitet, sind die wachsenden Gefahren für die Welt-Finanzstabilität. Die über lange Zeit hochexpansive Geldpolitik mit Niedrigstszinsen und den Risiken explosiver Preisblasen, der in den USA eingeleitete Umstieg daraus, die historisch hohe Verschuldung in vielen Ländern: all das führt zu wachsenden Befürchtungen, dass es an den Finanzmärkten zu abrupten Turbulenzen kommen könnte. Plötzliche Kurseinbrüchen bei Wertpapieren, massive Unruhen an den Devisenmärkten und unerwartete gefährliche Kapitalbewegungen - die Wahrscheinlichkeit dafür wächst nach Ansicht von Experten.

DIE "REPARATUR DES DACHES" LÄSST WEITHIN AUF SICH WARTEN



IWF-Chefin Christine Lagarde reist daher seit Monaten durch die Welt und predigt mit Blick auf solche Horrorvisionen, die Länder sollten die noch andauernden konjunkturellen Sonnenzeiten dazu nutzen, "das Dach zu reparieren". Es geht ihr vor allem um dickere Finanzpolster gegen Krisen und um Strukturreformen. "Die Volkswirtschaften krisenfester machen", lautet daher eine der Überschriften, die auf der G20-Agenda des bevorstehenden Treffens in Buenos Aires ganz oben steht.

Allerdings gilt auch hier: Etliche Länder, insbesondere aber die Weltwirtschaftsmacht Nummer eins, die USA, haben bisher nicht erkennen lassen, solchen Appellen folgen zu wollen. US-Präsident Trump setzt jedenfalls mit seiner Steuerreform erst einmal auf weitere finanzpolitische Expansion, und das trotz der bereits hohen Staatsverschuldung seines Landes von über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Deutsche Mahnungen zu einer soliden Finanzpolitik, die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz im Kreise seiner Kollegen in Argentinien kommen könnten, dürften da wohl auf eine eher bescheidene Resonanz treffen.

Dass Argentinien als G20-Präsidentschaftsland ursprünglich ganz andere Schwerpunkte plante, gerät angesichts dieser Aktualitäten fast in Vergessenheit. Über die Zukunft der Arbeit in einer zunehmend digitalisierten Welt und über neue Instrumente zur stärkeren Einbeziehung privater internationaler Investoren beim Thema Infrastruktur wollte das Land eingehend im G20-Kreis diskutieren. Dafür allerdings scheint derzeit die Aufmerksamkeit relativ gering. Aber so ging es im vergangenen Jahr auch schon ein wenig Deutschland mit seinem Schwerpunktthema "Vertrag mit Afrika" als Präsidentschaftsland.

rtr