Von Brexit-Befürwortern kamen Signale, dass sie auf das bisher abgelehnte Austrittsabkommen einschwenken könnten, wenn unter einem anderen Regierungschef über das anstehende Handelsabkommen mit der EU verhandelt würde. Das Parlament hatte am Montag der Regierung die Kontrolle über den Brexit-Prozess abgerungen und Abstimmungen über Alternativen zum Austrittsvertrag durchgesetzt. Diese sollen am Mittwochabend stattfinden.

Einem Journalisten der Zeitung "The Sun" zufolge erwarten die Granden der Tories, May werde beim Treffen mit den Abgeordneten am Mittwoch um 18.00 Uhr (MEZ) ein Datum für ihren Rücktritt ankündigen. Ein Abgeordneter sagte, dies sei "sicher eine Möglichkeit".

BREXIT-HARDLINER ZIEHEN ABKOMMEN GAR KEINEM AUSTRITT VOR

Einer der profiliertesten Brexit-Hardliner unter den Tories, Jacob Rees-Mogg, schwächte seine ablehnende Haltung gegenüber dem Austrittsvertrag ab. Er verwies auf den Parlamentsbeschluss, über alternative Wege zum Brexit abzustimmen, und schlussfolgerte per Tweet: "Dies deutet darauf hin, dass es um Mays Brexit-Vertrag oder den Verzicht auf den Brexit geht." Die EU auf mangelhafte Weise zu verlassen sei am Ende besser als gar kein Austritt. Ein anderer Brexit-Hardliner der Tories, Michael Fabricant, erklärte, er sei zu dem "furchtbaren Schluss" gekommen, dass Mays Austrittsabkommen von allen schlechten Optionen am wenigsten schlecht und der einzige praktische Weg sei.

Für eine Überraschung sorgte das britische Parlament am Montagabend, indem es der Regierung die Kontrolle über den Brexit-Prozess abnahm. Die Abgeordneten stimmten mit 329 zu 302 für einen Antrag, der ihnen gegen Mays Willen vorübergehend mehr Einfluss auf das weitere Vorgehen verschafft. Am Mittwoch soll über Alternativen zu Mays ausgehandeltem, aber bereits zwei Mal vom Unterhaus abgelehnten EU-Austrittsvertrag abgestimmt werden.

UNTERHAUS ZIEHT KONTROLLE AN SICH

Die Abstimmung zeigte, wie sehr May in den eigenen Reihen an Autorität eingebüßt hat. Drei Staatssekretäre traten aus Protest gegen die Haltung der Regierung zurück. May hat erklärt, dass es sich am Mittwoch lediglich um Probeabstimmungen handele, deren Ergebnis sie nicht binde. Dennoch haben die Abstimmungen politisches Gewicht. Spekulationen über Mays Zukunft kamen zuletzt immer wieder auf. Die "Sun" berichtete, May habe führenden Euroskeptikern ihrer Partei am Sonntag in Aussicht gestellt, im Gegenzug für eine Zustimmung zu ihrem Brexit-Vertrag könnte sie einen Rücktritt in Betracht ziehen.

Die Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Oliver Letwin, mit dem sich das Unterhaus die Kontrolle über das weitere Vorgehen verschaffte, war angesetzt worden, nachdem May eingeräumt hatte, dass ihr Brexit-Vertrag wohl auch bei einem dritten Anlauf derzeit am Widerstand im Parlament scheitern würde. Gleichzeitig betonte sie, weiterhin um Unterstützung für ihren Vertrag zu werben, um doch noch ein drittes Votum zu ermöglichen. Im Gespräch dafür ist der kommende Donnerstag.

Eigentlich war der Brexit für diesen Freitag vorgesehen. Da Mays mit der EU ausgehandelter Vertrag aber im Unterhaus durchfiel, räumte die EU eine Verschiebung ein, um einen harten Brexit zu verhindern. Sollte weiterhin keine Einigung auf einen Vertrag gelingen, muss Großbritannien am 12. April die EU verlassen. Mit einem Abkommen gilt eine Frist bis zum 22. Mai.

rtr